a) Einwilligung des Schuldners (Abs 1 S 1).
Rn 6
Gemäß Abs 1 S 1 ist eine richterliche Durchsuchungsanordnung nicht erforderlich, wenn der Schuldner der Durchsuchung durch den GV im Vorfeld zustimmt. Handelt es sich um einen minderjährigen Schuldner oder eine juristische Person, muss die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorliegen. Die Einwilligung von Mitbewohnern oder Angestellten des Schuldners hat nur dann die Wirkung des Abs 1 S 1, wenn die Personen mit Vertretungsmacht für deren Abgabe ausgestattet sind (Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 14; aA Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 4: Nur der Schuldner ist zur Abgabe berechtigt). Die Einwilligung muss nicht unbedingt ausdrücklich, sondern kann auch schlüssig erklärt werden (aA Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 4 mwN), vorausgesetzt, der Erklärungswert wird positiv zum Ausdruck gebracht. Das bloße Zugänglichmachen von Räumen erfüllt diese Voraussetzung nicht (Zö/Seibel § 758a Rz 12). Eine räumliche Beschränkung der Einwilligung ist ebenso möglich, wie ihr jederzeitiger Widerruf (Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 16). Solange ein solcher nicht erklärt wurde, besteht die Einwilligung für spätere Vollstreckungshandlungen für denselben Gläubiger fort. Das gilt nicht, wenn für andere Gläubiger oder nachfolgend gleichzeitig für mehrere Gläubiger vollstreckt werden soll. Im ersten Fall ist die Einwilligung des Schuldners erneut einzuholen, im zweiten Fall ist nur eine einheitliche Erklärung oder Verweigerung der Einwilligung für die Gläubigermehrheit möglich (Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 17). Soweit bei einer Gläubigermehrheit keine Einwilligung vorliegt, bedarf es grds allerdings nur einer richterlichen Durchsuchungsanordnung für einen Gläubiger, wenn der GV anlässlich der Durchsuchung auch für andere Gläubiger mit vollstreckt. Gegenüber den anderen ist sie entbehrlich, soweit der Vollstreckungsaufwand ungefähr gleich bleibt (BVerfGE 76, 83 [BVerfG 16.06.1987 - 1 BvR 1202/84] = NJW 79, 1539). Macht der Schuldner Vorbehalte oder schränkt er die Einwilligung inhaltlich ein, gilt diese als nicht erteilt (MüKoZPO/Heßler § 758a Rz 33). Der GV muss die Person, auf die er in der Wohnung trifft, darüber belehren, dass eine Durchsuchung nur aufgrund richterlicher Anordnung oder mit der vorherigen Zustimmung des Schuldners erfolgen darf (aA Schneider NJW 80, 2377, 2383 [BVerfG 03.04.1979 - 1 BvR 994/76]).
b) Gefährdung des Durchsuchungserfolgs (Abs 1 S 2).
Rn 7
Nach Abs 1 S 2 muss die Durchsuchung der Wohnung nicht von einem Richter angeordnet werden, wenn die Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde (§ 61 IV GVGA). Ob Gefahr im Verzug vorliegt, darüber befindet der GV vor Ort anhand konkreter Tatsachen, die im GV-Protokoll zu vermerken sind. Ein pflichtgebundenes Ermessen steht ihm bei dieser Entscheidung nicht zu (Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 9; aA MüKoZPO/Heßler § 758a Rz 38). Dass ein über die bevorstehende Vollstreckungshandlung orientierter Schuldner uU vollstreckungstaugliche Güter dem Zugriff des GV zu entziehen versucht, genügt allein nicht, um Gefahr im Verzug zu begründen (Zö/Seibel § 758a Rz 30). Erforderlich sind vielmehr konkrete, aus der Person und den besonderen Lebensumständen des Schuldners sich ergebende Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Durchsuchungserfolgs, die ein Warten auf die richterliche Anordnung ausschließen (BVerfG NJW 01, 1121, 1123 [BVerfG 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00]). Auch die Voraussetzungen für den Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung begründen diese besondere Situation nicht automatisch (Karlsr DGVZ 83, 139). Gefahr im Verzug ist dagegen angesichts der Erklärung des Schuldners anzunehmen, sich zeitnah und auf Dauer mitsamt seiner Habe ins Ausland zu begeben (LG Kaiserslautern DGVZ 86, 62) oder sofort umziehen zu wollen (Karlsr DGVZ 92, 41).
c) Räumungstitel und Haftbefehle (Abs 2), Zutritts- und Duldungstitel.
Rn 8
Eine richterliche Durchsuchungsanordnung ist nach Abs 2 nicht erforderlich, soweit es um die Vollstreckung von Titeln auf Räumung oder Herausgabe von Räumen oder die Vollstreckung eines Haftbefehls nach §§ 901 ff (dazu Fischer/Weinert DGVZ 06, 33) geht (s Rn 2). Das gilt auch für den Beschl über die Anordnung der Zwangsverwaltung, wenn die hierin angeordnete Entsetzung aus dem Besitz die Wohnung des Schuldners betrifft (BGH Rpfleger 11, 452 [BGH 24.02.2011 - V ZB 280/10]). Der Grund für diese Regelung liegt in Folgendem: Es bedeutete einen Widerspruch, von ein- und demselben Schuldner zugleich die Räumung oder Herausgabe von Räumen zu verlangen, wenn ihm durch die richterliche Durchsuchungsanordnung grds ein störungsfreies Recht auf ungestörte Nutzung der Wohnung verbrieft wird (BTDrs 13/341 v 27.1.95, 16). Nimmt der GV anlässlich einer solchen Räumung eine Pfändung vor, ist dazu keine richterliche Anordnung vonnöten, weil die Wohnungssphäre des Schuldners nicht mehr zusätzlich tangiert wird (Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 23 mwN). Nicht unter Abs 2 subsumieren lässt sich ein Titel, der sich auf Gewährung des Zutritts des GV zur Wohnung des Schuldners und auf Duldung der Sperrung des Strom- oder Gaszählers richte...