I. Formeller Tatbestand.
1. Antrag, Zuständigkeit und Vollstreckungsvoraussetzungen.
Rn 3
In formeller Hinsicht setzt die richterliche Durchsuchungsanordnung nach Abs 1 einen Antrag des Gläubigers voraus. Der GV selbst ist dagegen nicht antragsbefugt, auch nicht im Auftrag des Gläubigers (vgl § 61 III 1 GVGA; Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 11). Die Antragstellung ist schriftlich, elektronisch oder zu Protokoll der Geschäftsstelle auch ohne Anwalt möglich (§ 78 V). Der Antrag muss die zu vollstreckende Forderung bezeichnen und sich auf eine bestimmte Wohnung des Schuldners beziehen. Er muss neu gestellt werden, soweit aufgrund der richterlichen Durchsuchungsanordnung schon vollstreckt wurde. Denn damit ist die Anordnung verbraucht. Mehrere Gläubiger, die dieselbe Wohnung durchsuchen lassen möchten, müssen jeweils separat einen Antrag auf Erlass der Durchsuchungsanordnung stellen (str; Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 35; aA Zö/Seibel § 758a Rz 8 mwN: Ausnutzen einer richterlichen Anordnung durch mehrere Gläubiger zulässig). Für den Erlass des Durchsuchungsbeschlusses muss nicht das bei der Antragstellung einzureichende Formular verwendet werden (AG Lampertheim DGVZ 13, 218). Der Richter am Amtsgericht, in dessen Bezirk das Durchsuchungsobjekt belegen ist, ist für die Anordnung nach Abs 1 gem § 802 ausschließlich zuständig. Da die richterliche Durchsuchungsanordnung bereits Teil der Vollstreckung ist, müssen im Zeitpunkt ihrer Anordnung die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (s vor §§ 704 ff Rn 9) vorliegen (BVerfGE 57, 346, 357 = NJW 81, 2111 [BVerfG 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80]). Für den Titel muss eine Klausel erteilt worden sein. Auch dessen Zustellung muss bereits stattgefunden haben (Celle Rpfleger 87, 73), was durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen ist. Inhaltlich wird der Titel dagegen nicht überprüft (Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 11).
2. Rechtsschutzinteresse.
Rn 4
Der Gläubiger muss an der Anordnung der richterlichen Durchsuchung ein berechtigtes Interesse haben. Ein solches besteht nur, wenn der Schuldner bzw ein Familienangehöriger oder Angestellter (LG Berlin DGVZ 90, 137) deutlich gemacht hat, dass er die Durchsuchung seiner Wohnung zum Zwecke der Zwangsvollstreckung nicht aus freien Stücken erlaubt (Celle Rpfleger 87, 73). Der ausdrücklichen Verweigerung der Durchsuchung steht es im Hinblick auf das Rechtsschutzbedürfnis gleich, wenn der Schuldner bei Vollstreckungsversuchen in seiner Wohnung wiederholt nicht angetroffen wurde (KG NJW 86, 1180, 1182 [KG Berlin 17.12.1985 - 1 W 2537/85]; Bremen DGVZ 89, 40), vorausgesetzt mindestens einer der unternommenen Vollstreckungsversuche war angekündigt (Köln Rpfleger 95, 167 [OLG Köln 08.08.1994 - 2 W 114/94]). Auch kann sich aus anderen Umständen, zB einer längeren Abwesenheit, ergeben, dass der Schuldner in absehbarer Zeit eine Durchsuchung der Wohnung nicht gestatten wird (Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 39). Es ist aber stets eine Sache des Einzelfalls, ob sich das Rechtsschutzinteresse des Gläubigers an einer richterlichen Durchsuchungsanordnung auch bei mehreren nicht angekündigten Vollstreckungsversuchen begründen lässt (LG Mönchengladbach MDR 08, 292 bejaht das Rechtsschutzbedürfnis bei zwei Vollstreckungsversuchen an Werktagen innerhalb einer Woche außerhalb der Nachtzeit). Jedoch gilt generell ein großzügiger Beurteilungsmaßstab, weil es nur um den Zugang des Gläubigers geht und der Schuldner durch den Richtervorbehalt ausreichend geschützt ist (Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 12). Verneint werden kann das Rechtschutzinteresse nicht unter Hinweis auf den geringen Vollstreckungsbetrag (sog Bagatellforderung; Ddorf NJW 80, 1171; aA LG Hannover NJW-RR 86, 1256 [LG Hannover 15.10.1985 - 11 T 237/85]; s § 758 Rn 2). Allerdings muss die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung in diesem Fall besonders sorgfältig erwogen werden (Hamm OLGR 01, 317; s Rn 5). Das Rechtschutzinteresse für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung fehlt, wenn frühere Vollstreckungsversuche in der Wohnung des Schuldners bereits ergeben haben, dass eine weitere Mobiliarvollstreckung dort nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen wird. Eine neuerliche Durchsuchung wäre daher schikanös (Schuschke/Walker/Walker § 758 Rz 40).
II. Materieller Tatbestand.
1. Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeitsgebot.
Rn 5
Abs 1 S 1 bestimmt, dass die Durchsuchung der Wohnung des Schuldners grds nur aufgrund einer richterlichen, inhaltlich hinreichend bestimmten (BVerfG NJW 00, 943 [BVerfG 19.11.1999 - 1 BvR 2017/97]) Durchsuchungsanordnung erfolgen darf. Zum Begriff der Durchsuchung s § 758 Rn 2; zu dem der Wohnung s § 758 Rn 3. Die Wohnungsdurchsuchung muss dem Grds der Verhältnismäßigkeit entsprechen (BVerfG DGVZ 98, 25; Goebel DGVZ 98, 161) und darf daher nur erfolgen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert (LG Berlin DGVZ 16, 256). In die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist mit einzustellen, dass die Vollstreckungsorgane von Verfassungs wegen zur Beitreibung des Vollstreckungsanspruchs des Gläubigers verpflichtet sind (s vor §§ 704 ff Rn 1). Wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, darf die Durchsuchung, die die Vollstreck...