Rn 9
Str Zeit ist der Zeitraum, für den hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien Streit besteht (BGH MDR 92, 913; NZM 99, 21 [BGH 30.09.1998 - XII ZR 163/98]). Ist dieser Punkt unstr, weil etwa im Räumungsrechtsstreit der Ablauf der Mietzeit bereits feststeht, findet § 8 keine Anwendung (BGH NJW-RR 95, 781 [BGH 08.03.1995 - XII ZR 240/94]). Bei ungewisser Zeit ist § 9 analog heranzuziehen (BGH NJW-RR 05, 867 [BGH 17.03.2005 - III ZR 342/04]; WuM 08, 417; 19, 45 [BGH 29.11.2018 - III ZR 222/18]; vgl auch Rn 5).
1. Beginn und Ausdehnung.
Rn 10
Der Zeitraum beginnt grds mit der Zustellung der Klage (BGH NJW-RR 99, 1385; ZMR 07, 441). Er beginnt früher, wenn der Kl entspr Feststellung begehrt, und später, wenn mit der Klage Wirkungen einer für die Zeit danach ausgesprochenen Kündigung geltend gemacht werden (BGH NJW-RR 05, 867 [BGH 17.03.2005 - III ZR 342/04]). Maßgeblich kann auch ein durch den Feststellungsantrag eingegrenzter Zeitraum sein (BGH NZM 99, 21 [BGH 30.09.1998 - XII ZR 163/98]), bei Klage auf Verlängerung deren Ausdehnung (BGH NJW-RR 92, 1359). Bei all dem bleibt es im Rechtsmittelzug, weil § 8 dem § 4 insoweit vorgeht; auf die Einlegung des Rechtsmittels ist also nicht abzustellen (BGH NJW 59, 2164; Bambg JurBüro 91, 1126); vielmehr muss der Bekl seinen Standpunkt bereits im Verfahren des ersten Rechtszuges vorgetragen haben, damit er nicht durch Erweiterung seines Begehrens die Rechtsmittelbeschwer erst schaffen kann (BGH NJW-RR 92, 1359).
2. Ende.
Rn 11
Bei Verträgen mit bestimmter Laufzeit endet die str Zeit mit dem Ablauf; bei unbestimmter Laufzeit endet der Zeitraum mit dem Tag, auf den bei regulärem Verlauf frühestens hätte gekündigt werden können; außergewöhnliche Ereignisse wie eine nicht absehbare fristlose Kündigung oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage bleiben außer Betracht; bei widerstreitendem Vortrag zum Ablauf der Vertragszeit kommt es auf die Behauptungen der Partei an, welche die für sie günstigere, längere Bestehenszeit behauptet (BGH NJW-RR 92, 1359; 99, 1531; GE 19, 596; für die Subsidiarität auch BVerfG NZM 06, 578 [BVerfG 09.05.2006 - 1 BvR 761/06]). Gegen die aA, die auf die kürzere Zeit abstellen will (MüKoZPO/Wöstmann § 8 Rz 20; wohl auch Musielak/Voit/Heinrich § 8 Rz 5) spricht, dass das Behaupten einer späteren Kündigungsmöglichkeit, gleich durch welche der Parteien (Rn 8), den str Zeitraum verlängert. Beruft sich der Mieter auf Kündigungsschutz, ist der von ihm in Anspruch genommene günstigste, idR späteste Beendigungszeitpunkt maßgeblich (BGH NJW-RR 92, 1359; 05, 867 [BGH 17.03.2005 - III ZR 342/04]). Ist nur eine fristlose Kündigung im Streit, begrenzt sich der Zeitraum auf den Vertragsablauf bei ordentlicher Kündigung (Kobl FamRZ 05, 1850); leugnet der Bekl demgegenüber die Beendigung generell, bleibt es beim Gesamtzeitraum (Köln JurBüro 90, 647). Der Zeitraum einer str Verlängerungsoption ist hinzuzurechnen (MüKoZPO/Wöstmann § 8 Rz 24).
Rn 12
Ist die Beendigung ungewiss, etwa bei Ausschluss der Kündigung in einem auf Lebenszeit geschlossenen Vertrag, ist der Zeitpunkt der Beendigung zu schätzen; im Zweifel ist entsprechend § 9 ZPO, ggf iVm § 48 I GKG, der 3 1/2-fache Jahreswert anzusetzen (BGH WuM 05, 350; NJW-RR 05, 867; 938; 06, 16; ZMR 07, 441; WuM 07, 328; 08, 417; MDR 09, 277 und 10, 355; MDR 16, 122, NZM 16, 760, 767: Beschwer, Kleingarten). Eine verlässliche Angabe des Bekl kann mit herangezogen werden (OLGR Stuttg 08, 930).
Rn 13
Der Zeitraum begrenzt sich auf den 25-fachen Jahresbetrag, wenn er andernfalls länger wäre (BGH NJW-RR 05, 867 [BGH 17.03.2005 - III ZR 342/04]).