Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Rn 9
Für den Versuch oder das Gelingen einer gütlichen Erledigung entsteht eine Gerichtsvollziehergebühr nach Nr 207 des KV zum GvKostG (16 EUR). Das gilt aber nur im Falle des isolierten Antrags auf gütliche Erledigung. Beantragt der Gläubiger gleichzeitig die Einholung einer Vermögensauskunft nach §§ 802a II S 1 Nr 2, 802c oder die Pfändung nach § 802a II S 1 Nr 4, ermäßigt sich die Gebühr Nr 207 gem. Nr 208 (8 EUR). Ein isolierter Antrag, der die Gebühr Nr 207 des KV auslöst, liegt nur vor, wenn (auch nicht aufschiebend bedingt) keine weitere Maßnahme nach § 802a II S 1 Nr 2 oder Nr. 4 beantragt wird. Dies war bis zum Inkrafttreten des EuKoPfVODG (§ 802a Rn 3) umstritten (s § 802a Rn 15). Da der Versuch gütlicher Einigung im Falle eines Vollstreckungsauftrags antragsunabhängig ist (802b I), kommt es allein auf den tatsächlichen Einigungsversuch an. Die ermäßigte Gebühr der Nr 208 des KV entsteht also immer, wenn zumindest der Versuch einvernehmlicher Erledigung stattfindet (vgl Braunschw NJOZ 19, 1544; LG Osnabrück v 17.7.18 – 1 T 291/18; Schlesw DGVZ 17, 211; LG Bochum v 18.12.17 – I-7 T 341/17, 7 T 341/117 – nv; AG Heidelberg DGVZ 17, 178, 181). Ein Versuch ist jedes tatsächliche Handeln des Gerichtsvollziehers, das darauf gerichtet ist, eine gütliche Erledigung herbeizuführen (NK-Gesamtes Kostenrecht/Kawell Rz 2 zu Nr 207 KV GvKostG). Ausweislich der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber den Mehraufwand des Gerichtsvollziehers vergütet wissen (BTDrs 18/9698, 25). Da dieser auch entsteht, wenn die schriftliche Anregung zur gütlichen Erledigung dem Schuldner nicht zugestellt werden kann, liegt auch in diesen Fällen ein nach Nr 207 oder Nr 208 vergütungspflichtiger Versuch vor (Brandbg DGVZ 22, 200; Oldbg MDR 20, 1530 [OLG Hamm 20.08.2020 - 6 W 32/20]; Braunschw v 30.10.18 – 2 W 85/18; Celle NJW-RR 20, 63; Köln v 18.8.21 – 17 W 36/21; aA Kobl MDR 20, 60). Dem steht der Fall gleich, dass der Gerichtsvollzieher persönlich zum Zwecke der gütlichen Erledigung die vom Gläubiger angegebene Schuldneranschrift aufsucht, der Schuldner dort aber nicht zu ermitteln ist (AG Hoyerswerda v 6.5.20 – 5 M 73/20; Herrfurth DGVZ 21, 241, 242). Eine Gebühr entsteht dann nicht, wenn trotz Ausschlusses der Zahlungsvereinbarung im Vollstreckungsauftrag der Versuch einer gütlichen Erledigung vorgenommen wird, da dem Gläubiger nur die Kosten des Verfahrens in Rechnung zu stellen sind, die dieser veranlasst hat (Brandbg DGVZ 22, 177; Stuttg DGVZ 19, 66; LG Potsdam JurBüro 19, 491; aA AG Bad Iburg v 22.1.20 – 3 M 33/20; LG Heilbronn v 25.7.17 – Hn 1 T 290/17; Herrfurth DGVZ 21, 241, 246). Werden dem Gerichtsvollzieher mehrere Vollstreckungsaufträge jew mit dem Einverständnis mit einer gütlichen Erledigung erteilt, so kann die Gebühr für die zumindest versuchte gütliche Erledigung bei jedem Auftrag neu entstehen (Oldbg v 11.3.20 – 2 W 9/20).
Rn 9a
Nach überzeugender, wenn auch umstrittener Ansicht, wird der Versuch gütlicher Erledigung, der iR einer Verhaftung nach § 802g II erfolgt, nach Nr 208 des KV abgerechnet, da Gleichzeitigkeit mit dem Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft nach §§ 802a II Nr 2, 802c vorliegt (Herrfurth DGVZ 20, 116; LG Kassel BeckRS 17, 153315; zust BeckOKZPO/Fleck § 802b Rz 21a; AG Darmstadt BeckRS 19, 30750; iE auch Köln DGVZ 22, 90; aA Celle v 13.7.20 – 4 W 37/20; Richter/Zuhn DGVZ 20, 194; Mroß DGVZ 20, 118). Diese Gebühr entsteht, da es sich um verschiedene Aufträge handelt, auch dann, wenn bereits iRd verweigerten Vermögensauskunft die gütliche Erledigung versucht wurde (LG Kassel BeckRS 17, 153315; LG Krefeld v 31.8.20 – 7 T 75/20; bestätigt durch Ddorf v 8.12.20 – 10 W 90/20; Köln DGVZ 22, 90; AG Darmstadt BeckRS 19, 30750; aA Herrfurth DGVZ 20, 116; LG Osnabrück v 16.2.21 – 9 T 18/21; Celle NJOZ 22, 670). Der Gerichtsvollzieher ist anlässlich der Einholung einer Drittauskunft nicht gleichzeitig für den Versuch der gütlichen Einigung zu vergüten, wenn seitens des Gläubigers ein ausdrücklicher Auftrag für den Einigungsversuch nicht erteilt worden ist. Beauftragt insofern der Gläubiger den Gerichtsvollzieher isoliert mit der Einholung von Drittauskünften nach §§ 802a II 1 Nr 3, 802l, so ist das Verfahren mit der Übermittlung der Daten an den Gläubiger beendet, sodass für einen nach KV Nr 207 GvKostG zu vergütenden Versuch der gütlichen Einigung iRd nachträglichen Information des Schuldners über die Drittauskunft nach § 802l III kein Raum bleibt (AG Kiel v 28.5.21 – 21 M 582/21). Ein vorheriger Versuch gütlicher Erledigung würde den Schuldner – der aufgrund seines Rechts auf rechtliches Gehör aus Art 103 I GG eine Abschrift des Vollstreckungsauftrags verlangen kann (vgl BGH BeckRS 12, 2331 Rz 10) – vor der anstehenden Drittauskunft warnen, was den Vollstreckungserfolg gefährden könnte, sodass der Gerichtsvollzieher in den Fällen isolierter Drittauskunft von dem Versuch der gütlichen Erledigung abzusehen hat (AG Dortmund v 5.10.21 – 249 M 303/21; AG Kiel v 28.5.21 – 21 M 582/21 Rz 33; aA AG Nettetal v ...