Gesetzestext
Die Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift regelt wie § 815 III die Gefahrtragung (vgl § 815 Rn 1).
B. Schicksal des Erlöses.
I. Rechte am Erlös.
Rn 2
Bis zur Ablieferung des Erlöses steht entsprechend § 1247 S 2 BGB dem Eigentümer der versteigerten Sache das Eigentum am Erlös zu, da dieser an die Stelle der Sache getreten ist (BGH ZInsO 13, 1353, 1354 f). Auch sonstige Rechte an der Sache setzen sich am Erlös fort. Dieser ist verstrickt und kann wegen weiterer Forderungen gegen den Schuldner nach § 826 gepfändet werden (LG Berlin DGVZ 83, 93). War Eigentümer der versteigerten Sache nicht der Schuldner, sondern ein Dritter, kann dieser nach § 771 Drittwiderspruchsklage gegen die Auskehr des Erlöses erheben. Der Gläubiger hat keinen pfändbaren Anspruch auf Auskehr des Erlöses. Wer wegen einer gegen den Gläubiger bestehenden Forderung vollstrecken will, kann dessen Vollstreckungsforderung pfänden; dies erfasst dann als Nebenrecht den Anspruch auf Auszahlung des Erlöses (Zö/Seibel Rz 5).
II. Auskehr des Erlöses.
Rn 3
Sofern der Erlös nicht zu hinterlegen ist, zB nach § 720 oder § 815 II (s § 155 GVGA; vgl § 815 Rn 8–13), ist er auszukehren.
1. Verteilung.
Rn 4
Die ZPO regelt die Auskehr des Erlöses nicht ausdrücklich. Nach § 118 II GVGA sind zunächst ein dem Schuldner im Falle einer Austauschpfändung (§§ 811a, 811b) zu erstattender Ersatzbetrag sowie die Kosten der Zwangsvollstreckung gem § 15 GVKostG zu entnehmen. Sodann sind nach § 805 vorrangig Berechtigte zu befriedigen, anschließend die die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger. Zur Verteilung unter mehreren Gläubigern s § 827 Rn 4–5. Was nicht zur Befriedigung von Gläubigern benötigt wird, wird dem Schuldner als Übererlös ausgezahlt. Die Verrechnung auf Kosten, Zinsen und Hauptforderung erfolgt nach § 367 BGB (§ 118 II 3 GVGA). Ein Tilgungsbestimmungsrecht nach § 366 BGB steht dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung nicht zu (BGH NJW 08, 2842, 2843; BGHZ 140, 391, 394).
2. Folgen der Auskehr.
Rn 5
Zur Wirkung der Auszahlung s § 815 Rn 4, zur Auszahlung an einen Vertreter s § 815 Rn 3. Solange ein etwaiger Übererlös an den Schuldner noch nicht ausgekehrt ist, kann der Übererlös wegen einer weiteren Forderung gegen den Schuldner durch Anschlusspfändung (§ 826) gepfändet werden. Bei der Auszahlung eines Übererlöses wird dem Schuldner das Geld nicht übereignet; entweder ist er ohnehin bereits Eigentümer, weil die versteigerte Sache ihm gehörte, oder die Sache gehörte einem Dritten, dann bleibt dessen Eigentum am Übererlös bestehen (MüKoZPO/Gruber Rz 8 mwN). Mit der Erlösauskehr ist die Zwangsvollstreckung beendet (vgl § 815 Rn 7).
III. Zahlungsfiktion.
Rn 6
Es gilt Entsprechendes wie zu § 815 III (s § 815 Rn 6–7) mit der Maßgabe, dass die Empfangnahme des Erlöses durch den GV an die Stelle der Wegnahme des Bargelds tritt. Die Fiktion tritt nicht ein, wenn der Schuldner durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung die Vollstreckung abwenden darf (letzter Hs).
C. Rechtsbehelfe.
Rn 7
Verfahrensverstöße können bis zur Erlösauskehr mit der Erinnerung nach § 766 geltend gemacht werden. Das gilt auch für den Anspruch auf Auszahlung des Erlöses, der nicht mit der Leistungsklage verfolgt werden kann.