Rn 17
Die Weihnachtsvergütung ist eine Sonderleistung, die vom ArbG anlässlich des Weihnachtsfests zusätzlich zur Vergütung gezahlt wird (BAG NZA 12, 1246 Rz 9). Unerheblich ist die konkrete Bezeichnung (BTDrs 19/27636, 33). Es kann sich um eine Sonderzuwendung bzw Sonderzahlung für erbrachte Arbeit handeln, sofern sie aus Anlass des Weihnachtsfestes oder zweckgerichtet im Zusammenhang mit Weihnachten gezahlt wird (OVG Berlin-Brandenburg BeckRS 17, 129666). Dadurch sollen die Zusatzleistungen dem ArbG tw erhalten bleiben und weihnachtsbedingte Mehraufwendungen geschützt werden, unabhängig davon, ob sie konkret anfallen, etwa bei Angehörigen anderer Religionen. Ermöglicht werden sollen auch einmalige unumgängliche größere Ausgaben, die sonst nicht getätigt werden könnten (BTDrs 19/27636, 33). Es ist unschädlich, wenn neben diesem Zweck weitere Motive, wie zB Ausdruck der Zufriedenheit mit den Leistungen, Dank für die Treue, Ansporn für die Zukunft uÄ, treten (OVG Berlin-Brandenburg BeckRS 17, 129666). Die Rechtsgrundlage ist unerheblich, solange ein Anspruch besteht. Eine Forderung iSd Nr 4 liegt auch vor, wenn die Anspruchsbegründung freiwillig unter Widerrufsvorbehalt für die Zukunft erfolgt (Musielak/Voit/Flockenhaus § 850a Rz 6). Unerheblich ist, ob der ArbG damit zusätzlich andere Ziele verfolgt und zB auch eine Betriebstreue vergütet. Erforderlich ist eine fallbezogene Funktionsbestimmung. Die jährliche Sonderzahlung und die Zahlung des Sonderbetrages für Kinder nach dem Berliner Sonderzahlungsgesetz unterliegt dem Pfändungsschutz (OVG Berlin-Brandenburg BeckRS 17, 129666). Ein besonderes Indiz bildet die Bezeichnung als Weihnachtsgeld. Die Bezeichnung etwa als 13. Monatsgehalt ist bedeutungslos, soweit die Leistung im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Weihnachten erfolgt und eine entspr Zwecksetzung erfolgt. Bei einer Sonderzahlung mit einem reinen Gratifikationscharakter zwischen dem 1.11. und dem 15.1. kann regelmäßig von dieser Zwecksetzung ausgegangen werden. Häufig werden solche Leistungen unter Ausschluss einer Bindungswirkung erbracht. Selbst wenn sie freiwillig die Arbeitsleistung entgelten, stellen sie Weihnachtsvergütungen iSd Norm da (aA Mock Forderungsvollstreckung, § 6 Rz 104). Bei einer Zahlung mit Vergütungscharakter, die etwa aus fixen und variablen Bestandteilen besteht, verlangt das BAG zusätzliche Anhaltspunkte, weswegen die Fälligkeit einer garantierten Sparkassensonderzahlung im November nicht genügen soll (BAG NZA 12, 1246 [BAG 14.03.2012 - 10 AZR 778/10] Rz 14). Diese Beweiswirkung wird durch die abweichende Bezeichnung als Jahressonderzahlung noch nicht widerlegt. Die Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD stellt wegen der partiell vorverlagerten Fälligkeit und der möglichen Verminderung um 1/12 je Kalendermonat kein Weihnachtsgeld dar (BAG NZA 16, 840 Rz 19; zuvor LAG Köln ZTR 15, 447 [LAG Köln 06.03.2015 - 4 Sa 871/14]; ebenso § 20 TV-L BVerwG BeckRS 14, 47365). Maßgebend sind dann die Umstände des Einzelfalls, etwa wenn der ArbN Anfang Dezember in einem Arbeitsverhältnis stehen muss (ArbG Dortmund VuR 14, 474 [ArbG Dortmund 24.04.2013 - 8 Ca 228/13]). Erfolgt eine Jahressonderzahlung an zwei Terminen zur Jahresmitte und zum Jahresende, ist Letztere regelmäßig privilegiert (Zimmermann ZVI 08, 275, 276). Falls die Zahlung gleichmäßig über zwölf Monate verteilt wird, entfällt der Schutz aus Nr 4.
Rn 18
Die Höhe der pfändungsgeschützten Weihnachtsvergütung ist durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes v 7.5.21 (BGBl I, 850) zum 1.1.22 an die aktuelle Entwicklung angepasst worden. Regelmäßig wird sich die Änderung erst für die im Jahr 2022 gezahlten Weihnachtsvergütungen auswirken. Danach sind Weihnachtsvergütungen bis zur Hälfte des monatlichen Freibetrags nach § 850c I, IV unpfändbar, aufgerundet auf den nächsten vollen Zehn-Euro-Betrag. Abzustellen ist auf den monatlichen Grundfreibetrag, der nach der jeweiligen Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung gilt. Der Pfändungsfreibetrag für die Weihnachtsvergütung nimmt damit an der Dynamisierung der Pfändungsfreigrenzen teil und ist jährlich neu zu berechnen. Da die Vorschrift allein auf § 850c I, IV verweist, werden weder die Erhöhungsbeträge für unterhaltsberechtigte Personen noch die Steigerungsbeträge bei Mehrverdienst einbezogen. Umgekehrt wird aber auch nicht auf den Betrag des konkreten Arbeitseinkommens abgestellt, damit auch Beziehern niedriger Einkünfte ein angemessenes Weihnachtsgeld verbleibt (BTDrs 19/27636, 33). Maßgebend ist der hälftige monatliche Freibetrag, nicht der hälftige unpfändbare Betrag nach der Tabelle. Aufgrund der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2023 vom 20.3.23 (BGBl I, Nr. 79) ist der unpfändbare Grundfreibetrag auf 1.402,28 EUR beziffert, nach Aufrundung des monatlichen Freibetrags gem § 850c I, IV auf den nächsten vollen 10-EUR-Betrag also 1.4...