Rn 21
Der notwendige Unterhalt ist für den erwerbsfähigen Schuldner nach den §§ 20 ff SGB II zu berechnen (LG Darmstadt ZVI 07, 364, 365). Bestandteil ist ein Betrag in Höhe des Regelsatzes (BGH WM 11, 76 Rz 13). In einem Einzelfall hat der BGH einen Betrag von EUR 900,– gebilligt (BGH NJW 15, 1830 [BGH 21.01.2015 - VII ZB 30/13] Rz 11; zu der Berechnung AG Aalen BeckRS 15, 02852). Anzusetzen ist zunächst der Regelsatz für eine alleinstehende oder alleinerziehende Person nach § 20 SGB II iVm § 28 SGB XII von EUR 563,–. In diesem Satz sind die Kosten für einen Telefonanschluss enthalten. Der Betrag ist nicht um die GEZ-Gebühren zu erhöhen. Diese Regelleistung ist Element des untersten Netzes der sozialen Sicherung, in welches im Wege der Zwangsvollstreckung nicht eingegriffen werden kann. Der Empfänger ist frei, den als Teil des Existenzminimums festgestellten Betrag zur Deckung seiner Bedarfe eigenverantwortlich zu verwenden (BGH WM 11, 76 Rz 13, 19; aA Benner NZFam 19, 845, 848). Auch der darin enthaltene Ansparanteil darf nicht dem Pfändungszugriff ausgesetzt sein (BGH WM 11, 76 Rz 17). Ebenso wenig wie der Anspruch auf Sozialhilfe nach § 17 I 2 SGB XII ist aufgrund einer Wertungsparallele auch ein sachlich entspr Anspruch auf Geldleistung nach dem SGB II pfändbar (BGH WM 11, 76 Rz 20).
Rn 22
Hinzuzurechnen sind die angemessenen tatsächlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung gem § 22 SGB II. Regelmäßig ist von der tatsächlich gezahlten Miete auszugehen (LG Darmstadt ZVI 07, 364, 366; Eicher/Spellbrink/Lang/Link SGB II § 22 Rz 15c), soweit die Kosten nicht den angemessenen Umfang übersteigen. Die angemessenen Ausgaben sind nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vorrangig anhand des ortsüblichen Mietpreisniveaus zu ermitteln, wie es sich aus einem qualifizierten Mietspiegel, einem Mietspiegel oder aus einer Mietdatenbank ableiten lässt (BGH NJW-RR 18, 1272 Rz 10). Lebt der Schuldner mit anderen Personen zusammen, ist die Höhe des angemessenen Bedarfs des Schuldners fiktiv nach den Kosten zu ermitteln, die der Schuldner im Einzelfall zur Deckung seines eigenen Wohnbedarfs aufzuwenden hätte. Das sozialrechtliche Kopfteilprinzip ist insoweit unanwendbar (BGH NJW-RR 18, 1272 [BGH 05.07.2018 - VII ZB 40/17] Rz 10 f). Zur Bemessung der Kosten für Unterkunft und Heizung vgl § 850f Rn 14. Entstehen keine derartigen Kosten, können sie auch nicht bedarfserhöhend geltend gemacht werden. Für einen in Lettland lebenden Schuldner soll ein Abschlag von 20 % vorzunehmen sein (LG Kaiserslautern JuBüro 23, 546).
Rn 23
Die Kosten für Unterkunft und Heizung sind auf eine angemessene Höhe zu begrenzen. Zu deren Bestimmung vgl § 850f Rn 15 f. Zu berücksichtigen sind dabei die in jüngerer Zeit drastisch gestiegenen Energiepreise. Maßgebend ist, inwieweit sie tatsächlich entstanden und nicht durch staatliche Leistungen kompensiert sind. Wegen dieser Änderungen ist ein Antrag nach § 850g möglich.
Rn 24
Zusätzlich sind Mehrbedarfe nach § 21 SGB II bei Schwangerschaft (vgl BSG NJW 17, 2302 [BSG 01.12.2016 - B 14 AS 21/15 R]), Alleinerziehenden, abhängig von Zahl und Alter der Kinder, Behinderung sowie kostenaufwändiger Ernährung zu berücksichtigen. Ein Mehrbedarf ist hiernach anzuerkennen, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht, § 21 VI 1 SGB II, etwa bei Kosten für Schulbücher, soweit keine Lernmittelfreiheit besteht (BSG NJW 19, 2883 [BSG 08.05.2019 - B 14 AS 13/18 R]). Ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung ist nach § 21 III SGB II entspr § 30 III SGB XII iHv 36 % des Bedarfs nach § 20 II SGB II entspr § 28 SGB XII Anl anzuerkennen, wenn die Person mit einem Kind unter 7 Jahren bzw mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenlebt. Im familienrechtlichen Wechselmodell besteht ein Anspruch auf den hälftigen Mehrbedarf (BSG NJW 20, 1094 [BSG 11.07.2019 - B 14 AS 23/18 R] Rz 16). Die Summe des Mehrbedarfs darf nach § 21 VIII SGB II die Höhe des für Erwerbsfähige maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen. Ein Mehrbedarf wegen Tierhaltung ist nicht vorgesehen (LSG Baden-Württemberg BeckRS 23, 18219).
Rn 25
Sozialrechtlich nicht zu berücksichtigendes Einkommen ist in § 11a SGB II normiert. Dazu gehören nach § 11a I Nr 5 SGB II Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nr 12, 26 oder 26a EStG steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3.000 EUR im Kalenderjahr nicht überschreiten. Aufwandsentschädigungen sind auch nach § 850a Nr 3 iRd Üblichen unpfändbar, wofür auf die steuerrechtlichen Maßstäbe abgestellt werden kann (Ahrens/Berg InsbürO 23, 416). Anders verhält es sich bei Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die vollstreckungsrechtlich nach §§ 850 II, 850e Nr 2 zu berücksichtigen sein können (Ahrens/Berg InsbürO 23, 416 f). § 11b SGB II normiert Absetzbeträge vom Einkommen. Sie sind umfassender als die Beträge aus § 850e. Anzusetzen sind etwa die Beträge nach § 11b II Nr 3–5 SGB II. Zu den dabei an...