I. Grundlagen.
Rn 29
Die Vorschrift regelt die Zusammenrechnung von Ansprüchen auf Arbeitseinkommen und auf laufende Sozialleistungen nach dem Sozialgesetzbuch. Nr 2a S 1 und 2 entspricht weitgehend der Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen, weswegen zunächst auf die Ausführungen dazu zu verweisen ist (Rn 16 ff). Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie den laufenden Sozialleistungen zu entnehmen, § 850e Nr 2a S 2. Eine Sonderregelung enthält Nr 2a S 3 wegen der Pfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen für Kinder. Auch der Zusammenrechnungsbeschluss nach § 850e Nr 2a wirkt nur für den Vollstreckungszugriff des Gläubigers, auf dessen Antrag die Entscheidung ergangen ist. Er wirkt dagegen nicht zugunsten des Gläubigers einer Abtretung (BAG NJW 97, 479), doch kann die Zusammenrechnung iRe Abtretungsvertrags vereinbart werden (BGH ZIP 09, 2120 Rz 15). Erfolgt keine Zusammenrechnung, kommt der Schuldner für jedes Einkommen und jede Sozialleistung in den Genuss der Pfändungsfreigrenze aus § 850c (BGH NZI 08, 607 [BGH 10.07.2008 - IX ZR 118/07] Rz 14).
II. Laufende Sozialleistungen.
Rn 30
§ 850e Nr 2a betrifft die Zusammenrechnung von Ansprüchen auf laufende Sozialleistungen in Geld aus dem SGB oder anderen Sozialgesetzen mit Arbeitseinkommen. Zum Arbeitseinkommen gehören in Geld zahlbare Bezüge oder Vergütungen, deren Rechtsgrundlage gegenwärtige oder frühere Arbeitsleistungen oder Zusagen von Arbeitsleistungen sind. Um die Schutzzwecke anzugleichen, entspricht der in § 850e Nr 2a verwendete Begriff der Sozialleistungen dem sozialrechtlichen der §§ 18 ff SGB I. Die Pfändbarkeit laufender Sozialleistungen folgt aus § 54 IV SGB I. Arbeitseinkommen und Arbeitslosengeld II sind nicht zusammenzurechnen, wenn Letzteres nur bezogen wird, weil das Arbeitseinkommen bei anderen Personen der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt wird (BGH ZVI 12, 453). Eine Erwerbsunfähigkeitsrente und Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung können zusammengerechnet werden (AG Heidelberg VuR 15, 69 mAnm Kohte). Insolvenzgeld und Arbeitseinkommen sind zusammenzurechnen, doch müssen Nachzahlungen auf den Zeitraum umgelegt werden, für den sie gezahlt werden (vgl § 850c Rn 9). Kurzarbeitergeld und Arbeitsentgelt sind auf Antrag zusammenzurechnen. Obwohl der ArbG auch Drittschuldner des Kurzarbeitergelds ist, § 108 II 1 SGB III, bleibt ein gerichtlicher Zusammenrechnungsbeschluss erforderlich (Ahrens NZI 20, 345, 350; Keller EWiR 07, 337; Stöber/Rellermeyer D.144; aA LAG Hamm 07, 348). Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsnatur der Ansprüche und der Interessenkollision bei Bestimmung, aus welchem Teil der Einkünfte der unpfändbare Grundbetrag zu entnehmen ist, kann diese Aufgabe nicht dem ArbG übertragen werden. Diese muss dem Gericht vorbehalten sein (Ahrens NJW-Spezial 20, 341, 342). Die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 56 SGB VII unterfällt nicht § 54 III Nr 3 SGB I und ist wie Arbeitseinkommen pfändbar (BGH NZI 17, 33 Tz 8). Nicht ausdrücklich geregelt ist, wie Sozialleistungen zusammenzurechnen sind, wenn kein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht. Nach § 54 IV SGB I sind Ansprüche auf laufende Sozialleistungen, die in Geld zu erbringen sind, wie Arbeitseinkommen pfändbar. Deswegen ist auf die Zusammenrechnung von Sozialleistungen § 850e Nr 2a entspr anwendbar (BGH NJW-RR 05, 1010, 1011 [BGH 05.04.2005 - VII ZB 20/05]; BGH NZI 10, 111 [BGH 03.12.2009 - IX ZB 247/08] Rz 11 analog Nr 2; BGH NZI 17, 33 Tz 6 analog Nr 2 und 2a). Eine analoge Anwendung ist auch bei der Zusammenrechnung einer deutschen und einer ausländischen, italienischen oder österreichischen Altersrente möglich (BGH ZInsO 13, 2573; NZI 14, 957), aber auch bei der Zusammenrechnung allein von ausländischen Altersrenten oder Sozialleistungen. Kurzarbeitergeld kann mit Arbeitseinkommen zusammengerechnet werden (Ahrens NZI 20, 345, 351). Bezieht der Schuldner, der aufgrund eines dreiseitigen Vertrags zu einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft gewechselt ist, neben dem Transferkurzarbeitergeld gem § 216b SGB III einen Aufstockungsbetrag zur Sicherung seines bisherigen Nettoentgelts, handelt es sich um ein einheitliches Arbeitseinkommen. Eines Zusammenrechnungsbeschlusses gem § 850e Nr 2 bzw Nr 2a bedarf es nicht (LAG Hamm ZIP 07, 348 f). Eine wegen eines Arbeitsunfalls in der DDR gezahlte Unfallrente, welche seit dem 1.1.92 als Verletztenrente iSd gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt wird, kann als laufende Geldleistung wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, §§ 56 ff SGB VII iVm § 54 IV SGB I (BGH NJW 17, 959 [BGH 20.10.2016 - IX ZB 66/15]; NJW-RR 19, 446).
Rn 31
Unpfändbare Ansprüche auf Sozialleistungen können weder nach § 850e Nr 2a noch gem § 54 IV SGB I in diese Anordnung einbezogen werden. Unpfändbar nach § 54 III SGB I sind Elterngeld bis zur Höhe der nach § 10 BEEG anrechnungsfreien Beträge, Mutterschaftsgeld und Geldleistungen, die den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand ausgleichen sollen. Der Gesetzgeber hat insoweit die Unpfändbarkeit wege...