Rn 44

Pfändet zunächst ein einfacher Gläubiger und anschließend ein Unterhaltsgläubiger, erhält der gewöhnliche Gläubiger im allgemein pfändbaren Bereich den Vorrang. Um seine Forderung zu befriedigen, kann und muss der Unterhaltsgläubiger auf den Vorrechtsbereich zugreifen und dazu einen Antrag nach § 850d stellen. Dem Unterhaltsgläubiger steht insoweit der nach § 850f II privilegierte Gläubiger einer Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gleich.

 

Rn 45

Vollstreckt zeitlich vorrangig ein Unterhaltsgläubiger und anschließend ein gewöhnlicher Gläubiger, so ist zu unterscheiden. Hat der Unterhaltsgläubiger einen Antrag nach § 850d gestellt, ist seine Forderung aus dem Vorrechtsbereich und mit einem ggf verbleibenden Rest prioritär aus dem allgemein pfändbaren Einkommen zu erfüllen. Der einfache Gläubiger kann auf den nicht ausgeschöpften pfändbaren Teil des Einkommens zugreifen. Gleiches gilt auch bei der prioritären Vollstreckung eines qualifizierten Deliktsgläubigers.

 

Rn 46

Stellt der zunächst pfändende Unterhaltsgläubiger keinen Antrag nach § 850d, greift er also nur auf den für alle Gläubiger offenstehenden Bereich zu, blockiert er den nachrangigen einfachen Gläubiger. Für den nachrangigen Gläubiger besteht dann das Risiko, mit seiner Forderung auszufallen, weil der Unterhaltsgläubiger sein Vorrecht nicht beansprucht hat. Reicht der verbleibende pfändbare Betrag nicht aus, um die Forderung des gewöhnlichen Gläubigers zu erfüllen, begründet § 850e Nr 4 eine besondere Verrechnungsregel. Auf Antrag ordnet das Vollstreckungsgericht dann an, dass der Unterhaltsanspruch zunächst auf privilegiert pfändbare Einkommensteile verrechnet wird. Übersteigt der Unterhaltsanspruch das erweitert pfändbare Einkommen, ist für die Differenz auf das allgemein pfändbare Einkommen zuzugreifen. Diese Verrechnungsmöglichkeit gilt nicht für den Deliktsgläubiger nach § 850f II.

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