Rn 21

Die Zusammenrechnung erfolgt auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners (St/J/Würdinger § 850e Nr 45; Musielak/Voit/Flockenhaus § 850e Rz 10; aA Zö/Herget § 850e Rz 4), der allerdings regelmäßig kein Interesse daran haben wird, nicht aber auf Antrag des Drittschuldners. Der nicht fristgebundene Antrag muss in einem Vollstreckungsverfahren gestellt werden. Es genügt, wenn die Forderung gegen einen der ArbG gepfändet ist. Er kann gesondert gestellt oder mit einem Pfändungsgesuch bzw den Anträgen nach den §§ 850b, 850c IV, 850d, 850f II verbunden werden. Der Antrag kann auch konkludent gestellt werden und sich aus dem Vorbringen insb des Gläubigers ergeben, denn als Prozesshandlung ist er so auszulegen, wie dies vernünftig ist sowie der recht verstandenen Interessenlage des Gläubigers entspricht (vgl BGHZ 149, 298, 310). Der Antrag ist bis zur Beendigung des Vollstreckungsverfahrens zulässig. Antrag und gerichtliche Entscheidung sind notwendige Voraussetzungen. Eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger (Insolvenzverwalter) kann sie nicht ersetzen. Vor der Vollstreckung sind den Pfändungsschutz beschränkende Vereinbarungen insgesamt unzulässig. Nach Beginn der Vollstreckung sind der Klauselkontrolle unterliegende Vereinbarungen jedenfalls wegen der Abweichung von den §§ 850 ff unzulässig, §§ 307 II Nr 1, 310 III Nr 1, 3 BGB. Individualvereinbarungen berühren den grundrechtlich geschützten Bereich und werden deswegen idR ebenfalls unzulässig sein. Zudem beinhaltet eine Zusammenrechnungsabrede eine unwirksame Vereinbarung zulasten des Drittschuldners.

 

Rn 22

Der Antrag ist beim örtlich zuständigen Vollstreckungsgericht zu stellen (§ 828 Rn 7 f) und durch den nach § 20 Nr 17 RPflG funktionell zuständigen Rechtspfleger zu erlassen (§ 828 Rn 3). Der Antragsteller muss angeben, welche Arbeitseinkommen zusammengerechnet werden sollen. Er hat sein Begehren schlüssig darzulegen und zur Überzeugung des Vollstreckungsgerichts zu beweisen (Stöber/Rellermeyer Rz C.367). Er kann sich dazu auf die nach den §§ 836 III 1, 840 I erlangten Auskünfte stützen. Lediglich angebliche Einkünfte genügen nicht. Deren Höhe ist möglichst genau zu benennen. Eine Anhörung des Schuldners unterbleibt gem § 834, wenn der Antrag mit einem einfachen Pfändungsgesuch verbunden wird. Dagegen ist der Schuldner anzuhören, wenn der Antrag zusammen mit einem privilegierten Pfändungsgesuch nach den §§ 850d, 850f II (§ 834 Rn 3) oder separat gestellt wird (Wieczorek/Schütze/Lüke § 850e Rz 35; aA München Rpfleger 79, 223, 224).

 

Rn 23

Im Beschl gibt das Vollstreckungsgericht an, welche Einkünfte zusammengerechnet werden. Es darf nicht über den Antrag hinausgehen. Das Gericht hat den Gesamtbetrag nicht summenmäßig zu beziffern, weil sonst bei schwankenden Einkünften fortwährend Änderungsbeschlüsse erforderlich wären.

 

Rn 24

Das Vollstreckungsgericht muss in seinem Beschl angeben, aus welchem Einkommen der unpfändbare Grundfreibetrag gem § 850c bzw der notwendige Unterhalt nach § 850d zu entnehmen ist (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850e Rz 6). Diese unpfändbaren Beträge sind nach Nr 2 S 2 in erster Linie dem Arbeitseinkommen zu entnehmen, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet. Regelmäßig wird dies das höchste, doch kann es auch das sicherere oder beständigere Einkommen sein (Gottwald/Mock § 850e Rz 24b). Verlangt das Vollstreckungsgericht Auskunft darüber, welches Einkommen die wesentliche Grundlage für die Lebenshaltung bildet, kann der Gläubiger die Einkünfte pfänden und sich die Lohnabrechnungen herausgeben lassen. Erreicht dieses Einkommen nicht den Umfang der Freibeträge bzw des notwendigen Unterhalts, sind die dafür erforderlichen Beträge zusätzlich dem nächsthöheren Einkommen etc zu entnehmen. Im Rahmen seines Ermessens kann das Vollstreckungsgericht den Grundbetrag auf mehrere Bezüge verteilen. Auf den erhöhten Freibetrag bei Mehrverdienst nach § 850c I, II ist die Regelung aus Nr 2 S 2 nach ihrem Sinn einheitlich anzuwenden.

 

Rn 25

Erfolgt die Zusammenrechnung mit einem Pfändungsbeschluss, wird der Beschl nach § 829 III erst mit Zustellung an den Drittschuldner wirksam. Eine separate Anordnung ist dem Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner zuzustellen. Bei Pfändung mehrerer Bezüge ist jeder Drittschuldner zu informieren, welchem Einkommen die unpfändbaren Freibeträge zu entnehmen sind.

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