Rn 34
Der unpfändbare Teil des Einkommens wird auf Antrag des Schuldners oder eines von der Pfändung betroffenen Unterhaltsberechtigten bestimmt (Boewer/Bommermann Rz 760). Nicht antragsberechtigt ist ein Sozialleistungsträger, auf den der Anspruch übergegangen ist. Der Antrag kann auch konkludent gestellt werden und in einer Erinnerung nach § 766 enthalten sein. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner ein über die anderen Pfändungsschutzvorschriften hinausgehendes und nur nach § 850f I zu erreichendes Ziel verfolgt. Als Prozesshandlung ist das Begehren so auszulegen, wie dies vernünftig ist sowie der recht verstandenen Interessenlage des Gläubigers entspricht (vgl BGHZ 149, 298, 310). Der Antrag ist nicht fristgebunden, muss aber vor Beendigung des Vollstreckungsverfahrens gestellt werden.
Rn 35
Die Erhöhung der pfändungsfreien Beträge ist beim örtlich zuständigen Vollstreckungsgericht zu beantragen (§ 828 Rn 7 f). Ein Antrag ist selbst dann zulässig, wenn das Gericht den unpfändbaren Betrag gem den §§ 850d, 850f II herabgesetzt hat. Als zwingende staatliche Aufgabe muss das Gericht bereits im Verfahren über die Vollstreckungsvorrechte das Existenzminimum des Schuldners berücksichtigen. Unterschiede können sich aber ergeben, wenn dem Gericht in diesen Verfahren, zB mangels Anhörung, nicht alle Informationen vorliegen und wegen der zusätzlichen Bedarfe aus Abs 1 Nr 1 lit b) und c). Der Beschl ist durch den nach § 20 Nr 17 RPflG funktionell zuständigen Rechtspfleger zu erlassen (§ 828 Rn 3). Im Verfahren ist dem Gläubiger rechtliches Gehör zu gewähren.
Rn 36
Der Schuldner muss darlegen und beweisen, dass die ihm belassenen Mittel das Existenzminimum unterschreiten (BGH NJW 03, 2918, 2919 [BGH 18.07.2003 - IXa ZB 151/03]; NZI 17, 931 [BGH 19.10.2017 - IX ZB 100/16] Tz 7; LG Braunschweig Rpfleger 09, 160 [LG Braunschweig 14.10.2008 - 6 T 582/08]). Dazu kann er etwa eine Bedarfsbescheinigung des zuständigen Sozialamts oder eine Garantiebescheinigung des Trägers der Grundsicherung nach dem SGB II vorlegen (BGH NJW-RR 04, 506, 507). Das Vollstreckungsgericht hat die Beträge selbständig festzustellen, weswegen es nicht an die Angaben in den Bescheinigungen gebunden ist (Köln JurBüro 99, 606; LG Stuttgart Rpfleger 93, 357, 358). Vom Gläubiger sind überwiegende eigene Belange nachzuweisen. Gibt das Vollstreckungsgericht dem Antrag zumindest tw statt, muss es seinen Beschl begründen und den unpfändbaren Betrag konkret beziffern. Die Entscheidung kann befristet und mit Auflagen verbunden werden. Der Beschl ist den Beteiligten zuzustellen. Setzt ein Beschluss nach § 850f I ohne weitere Erläuterung einen bestimmt bezeichneten Betrag als pfandfrei fest, ist dieser im Zweifel als Mindestbetrag zu verstehen, der dem Schuldner verbleiben soll, auch wenn der nach den gesetzlichen Regelungen pfandfreie Betrag im jeweiligen Monat geringer ist (OVG Bremen NZI 23, 589 [OVG Bremen 21.04.2023 - 2 LB 331/22]).