Rn 42
Der IX. Zivilsenat des BGH differenziert im Anwendungsbereich von § 850i I 1 zwischen Erwerbseinkünften (Rn 36 ff) und sonstigen selbständig erwirtschafteten Einkünften. Die neu formulierte Fallgruppe der sonstigen selbständig erwirtschafteten Einkünfte soll nur in Höhe des Grundfreibetrags nach § 850c I, IIa pfändungsgeschützt sein (BGH NZI 16, 457 Rz 14 ff = EWiR 16, 471 Ahrens). Der Senat begründet seine Distinktion mit dem gesetzgeberischen Ziel, den Pfändungsschutz für nicht abhängig Erwerbstätige zu erweitern, das nur für das Erwerbseinkommen gelte. Für sonstige selbständig erwirtschaftete Einkünfte gelte das zweite gesetzliche Ziel, die öffentlichen Haushalte von Transferleistungen zu entlasten. Dafür genüge es, das Existenzminimum zu schützen, das mit dem Grundfreibetrag regelmäßig gesichert ist.
Rn 43
Diese telelogische Reduktion von § 850i I 1 Alt 2 Fall 2 steht in einem klaren Kontrast zum gesetzlichen Wortlaut, der eine solche Einschränkung nicht hergibt. Ebenso wenig fügt sich die Distinktion in die Systematik der Pfändungsschutzvorschriften ein (ebenso Meller-Hannich ZZP 130 [17], 303, 312). Insbesondere ist zwar der Basispfändungsschutz aus § 850k I 1 auf den Grundfreibetrag nach § 850c I 1, IIa beschränkt, doch erfasst er sämtliche Gutschriften. Vor allem aber ist er auf Antrag bei Unterhaltsverpflichtungen und Mehrverdienst aufzustocken, § 850k IV 1, 2. Zudem bestehen gravierende Einwände gegenüber den teleologischen Argumenten. Das gesetzliche Motiv, sonstige Einkünfte des Schuldners wie Arbeitseinkommen zu schützen, gilt auch für einen Mehrverdienst. So können etwa durch eine gute Verwaltung von Miet- und Pachteinnahmen die Einkünfte und damit die Vorteile für alle Beteiligten gesteigert werden. Aus dem weiteren Ziel, die öffentlichen Kassen vor Transferleistungen zu schützen, lässt sich zwar ein Mindestumfang des erforderlichen Pfändungsschutzes ableiten. Dieser Gedanke rechtfertigt jedoch keinen Umkehrschluss, der den gesetzlich eröffneten Schutz einschränkt (Ahrens EWiR 16, 471). Zudem muss der Schuldner die sonstigen selbständig erwirtschafteten Einkünfte versteuern. Diese Steuerlast soll nach Auffassung des BGH nicht iRv § 850i berücksichtigt werden dürfen (BGH NZI 19, 941 [BGH 19.09.2019 - IX ZB 2/18] Rz 22). Soweit diese sonstigen Einkünfte vollständig gepfändet werden können, müsste der Schuldner die Steuern aus seinem unpfändbaren Einkommen zahlen, wodurch das Existenzminimum unterschritten werden könnte.