Rn 52
Das Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto wird grds für die Dauer eines Monats in Höhe des Sockelbetrags nicht von der Pfändung erfasst, Abs 1 S 1. Geschützt ist jeder Zahlungseingang unabhängig davon, ob das Guthaben aus pfändbaren oder unpfändbaren Gutschriften resultiert (BGH NZI 19, 975 [BGH 26.09.2019 - IX ZB 21/19] Rz 18), ob die Leistung einmalig (LG Bonn VuR 14, 395 [LG Bonn 19.03.2014 - 5 S 236/13]) oder wiederkehrend erfolgt bzw aus welcher Quelle sie stammt (Einheitslösung). Erfasst werden auch Bareinzahlungen (AG Ludwigshafen ZVI 12, 428 f). Unerheblich ist, ob es sich um Einkünfte aus abhängiger oder selbständiger Erwerbstätigkeit oder um sonstige Einkünfte wie Renten, Pensionen, Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung bzw Einkünfte aus Vermögen, Mietnebenkostenerstattungen, Beihilfezahlungen, öffentlich-rechtliche Erstattungen, Sozialleistungen, Unterhaltsansprüche oder freiwillige Zuwendungen Dritter handelt (BTDrs 16/7615, 18; BGH NJW 12, 79 [BGH 10.11.2011 - VII ZB 64/10] Rz 7). Diese Einbeziehung sämtlicher Einkünfte vereinfacht das Verfahren, gewährleistet einen hinreichenden Schutz und hat sich bewährt (Meller-Hannich ZZP 130 [17], 303, 305). Wegen der möglichen Pfändung an der Quelle, besteht keine relevante Missbrauchsgefahr (anders St/J/Würdinger § 850k Rz 3). Zahlungen für Dritte werden dem Schuldner zugerechnet. Es kann grds kein erhöhter Pfändungsfreibetrag bewilligt werden (AG Remscheid JurBüro 16, 381). Sonderfälle bilden Sozialleistungen für Dritte und Kindergeldzahlungen (Hohmann DGVZ 15, 45, 50). Wird das Pfändungsschutzkonto als Zahlungsdienstekonto für Dritte genutzt, gehen deren mögliche Aussonderungsrechte mit der Vermischung unter (vgl. BGH NZI 03, 549). Fehlzahlungen, die der Schuldner zurücküberweist, können aus funktionellen Erwägungen weder dem Guthaben noch den Verfügungen zugerechnet werden. Entspr gilt bei Fehlbuchungen mit anschließender Gutschrift (AG Frankfurt/O ZVI 14, 149). Ob irrtümliche Zahlungen zugunsten Dritter auf einer falsch eingegebenen Bankverbindung erfasst werden (so AG Aschaffenburg ZVI 12, 469), erscheint deswegen zweifelhaft.
Rn 53
Schwierigkeiten ergeben sich bei Nachzahlungen. An der Quelle gilt der Pfändungsschutz aus § 850c für den Zeitraum, nicht in dem Zeitraum, in dem sie geleistet werden. Wegen des zeitraumbezogenen Guthabensbegriffs gilt dieses System nicht unmittelbar beim Pfändungsschutzkonto, doch sind die Wertungen entspr heranzuziehen. Das Gesamtkonzept des Lohnpfändungsrechts ist grds auf das Pfändungsschutzkonto zu übertragen (BGH NZI 18, 493 Rz 9; Ahrens VuR 14, 115, 116 f; BeckOKZPO/Riedel 18. Ed. § 850k Rz 29b; Gottwald/Mock § 850k Rz 38a; Ahrens in: Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, § 44 Rz 52; Rein ZVI 16, 50; Grüneberg WM 18, 2157, 2158; aA AG Kassel ZVI 12, 199; LG Berlin ZVI 13, 479; Bitter FS Köndgen, 83, 104). Der Guthabensschutz wird damit nicht nur auf eine neue systematische Basis gestellt, sondern auch erleichtert, weil kein Nachweis über die Art der Einkünfte zu führen ist (Zö/Herget § 850k Rz 3). Übersteigt die Nachzahlung den Freibetrag für den konkreten Monat, kann der Schuldner eine Entscheidung über die Festsetzung des Pfändungsfreibetrags, hilfsweise Vollstreckungsschutz nach § 765a bzw nach § 850f I beantragen. Unerheblich ist, ob die Nachzahlung für einen länger zurückliegenden Zeitraum gewährt wird, denn der Kontopfändungsschutz deckt nicht nur das Existenzminimum ab, sondern eröffnet auch einen Bereich eigenverantwortlicher Lebensführung. Zudem muss der Schuldner das zur Lebensführung verwendete Geld möglicherweise erstatten. Diese Grundsätze gelten auch für die Nachzahlung von Sozialleistungen (BGH NJW-RR 18, 570 Rz 11; NZI 18, 493 Rz 24; LG Nürnberg-Fürth JurBüro 16, 494; LG Deggendorf VuR 18, 157; AG Konstanz VuR 18, 75; Grüneberg WM 18, 2157, 2158; Mock Forderungsvollstreckung, § 7 Rz 54; aA LG Koblenz JurBüro 16, 496; AG Wolfsburg JurBüro 18, 48, das eine besondere Rechtfertigung verlangt), etwa von Pflegegeld gem § 39 SGB VIII (LG Essen VuR 17, 155 [OLG München 22.09.2016 - 29 U 2498/16]). Dabei ist dem Schuldner in dem Umfang ergänzender Pfändungsschutz zu gewähren, wie ihm unter Anwendung von § 850k zugestanden hätte, wenn die Beträge in den Leistungszeiträumen gezahlt worden wären, auf die sie sich beziehen (BGH NZI 18, 493 [BGH 24.01.2018 - VII ZB 27/17] Rz 23). Dies verlangt eine konkrete Berechnung für den Nachzahlungszeitraum unter Berücksichtigung anderer Gutschriften und der Übertragungsmöglichkeiten. Andere Ansprüche des Schuldners gegen das Kreditinstitut (vgl SBL/Bitter § 33 Rz 42 ff) als der auf Auszahlung des Guthabens sind weiterhin pfändbar. Der Schuldner kann über den unpfändbaren Betrag frei verfügen, § 850k I 1 Hs 1. Vorauszahlungen sind entspr den Nachzahlungen zu behandeln. Ein Rentenvorschuss ist auf den Vorschusszeitraum umzulegen (AG Oranienburg JurBüro 16, 208). Vermögen aus einer selbständigen Tätigkeit nach einer Negativerklärung fällt nicht mehr in ...