Rn 20
Die Entscheidung ist in das pflichtgemäße Ermessen des Vollstreckungsgerichts gestellt. Dabei hat es eine zweistufige Prüfung durchzuführen. Zunächst muss das Vollstreckungsgericht feststellen, ob hinreichende Gründe existieren, um den Schuldner vor einer Pfändung zu schützen. Anschließend ist abzuwägen, ob überwiegende Belange des Gläubigers einer solchen Entscheidung entgegenstehen.
Rn 21
Die Anordnung nach S 1 ist in erster Linie zu treffen, um die Existenzgrundlage des Schuldners zu schützen und unnötige Belastungen durch Pfändungen zu verhindern. Sinnvoll ist sie va, wenn die pfändungsfreien Beträge oder die Einkommensquellen häufig wechseln und dadurch fortwährende Auseinandersetzungen insb über den Aufstockungsbetrag zu erwarten sind. Droht die Frist aus § 835 III 2, IV abzulaufen, kann das Konto vorübergehend von Pfändungen freigestellt werden.
Rn 22
Kommt danach eine Aufhebung der Pfändung oder Freistellung des Kontos von Pfändungen in Betracht, sind iRe umfassenden Abwägung, unter Einbeziehung aller zwangsvollstreckungsrechtlich beachtlichen Umstände des Einzelfalls, die Interessen des Schuldners mit den Belangen des Gläubigers zu vergleichen. Sachlich stimmt das Regelungsprogramm von § 850l 2, wonach die Anordnung nur bei überwiegenden Belangen des Gläubigers versagt werden darf, mit § 850f I letzter Hs überein (vgl § 850f Rn 30 ff). Hier wie dort muss va die Sicherung der Lebensgrundlage für den Schuldner ggü den Interessen des Gläubigers differenziert abgewogen werden. Das höchste Gewicht besitzt dabei die Sicherung des notwendigen Unterhalts für den Schuldner. Es folgen der notwendige Unterhalt der gesetzlich Unterhaltsberechtigten, der besondere Umfang der Unterhaltslasten, der notwendige Unterhalt anderer unterhaltsberechtigter Personen und schließlich die sonstigen besonderen Bedürfnisse des Schuldners.
Rn 23
Bei überwiegenden Belangen des Gläubigers, S 2, kann – nicht muss – die Anordnung versagt werden. Aufseiten des Gläubigers ist va zu berücksichtigen, inwieweit er auf die Vollstreckung angewiesen ist, um selbst nicht Sozialleistungen in Anspruch nehmen zu müssen. Einzubeziehen ist außerdem seine sonstige wirtschaftliche und persönliche Situation, wie etwa seine Unterhaltslasten, sowie die Aussicht, überhaupt für seine Titelforderung Befriedigung erlangen zu können. Im Unterschied zu § 850f I ist auch die Art der zu vollstreckenden Forderung zu beachten, etwa wenn Anträge nach den §§ 850d, 850f gestellt sind. Mehrere Einkünfte des Schuldners sind zusammenzurechnen (Rn 24). Eine allg zwangsvollstreckungsrechtliche Erwerbsobliegenheit des Schuldners besteht nicht, weswegen unerheblich ist, ob der Schuldner sozialrechtliche Erwerbsobliegenheiten erfüllt (aA Goebel Kontopfändung Rz 85), die zudem anderen Zwecken dienen. Im Übrigen könnten auch sie ein Unterschreiten des Existenzminimums durch Pfändungen nicht rechtfertigen. Sofern die Gläubigerbelange nicht gerichtsbekannt sind, muss der Gläubiger seine Interessen darlegen und erforderlichenfalls beweisen (AG Heilbronn VuR 12, 113; AG Bochum 12, 413). Obwohl S 2 nur im Singular von einem Gläubiger spricht, sind die Belange aller Gläubiger zu berücksichtigen, soweit sie von ihnen vorgetragen oder gerichtsbekannt sind.
Rn 24
Die Anordnung kann nach S 2 versagt werden, wenn ihr überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen. Gleichberechtigte Belange des Gläubigers genügen deswegen nicht. Muss der notwendige Unterhalt des Schuldners gesichert werden, kann der Gläubiger dem höchstens seinen eigenen notwendigen Unterhalt entgegensetzen. Da beide Unterhaltsbedarfe grds gleichrangig sind, können insoweit keine überwiegenden Belange des Gläubigers bestehen. Anders verhält es sich, wenn der Lebensbedarf des Schuldners durch ein P-Konto gesichert ist und die Anordnung anderen Interessen des Schuldners zu dienen bestimmt wäre. Dann darf der Pfändungsschutzantrag abgewiesen werden.