Gesetzestext
(1) Unterhält der Schuldner, der eine natürliche Person ist, mit einer anderen natürlichen oder mit einer juristischen Person oder mit einer Mehrheit von Personen ein Gemeinschaftskonto und wird Guthaben auf diesem Konto gepfändet, so darf das Kreditinstitut erst nach Ablauf von einem Monat nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses aus dem Guthaben an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Satz 1 gilt auch für künftiges Guthaben.
(2) Ist der Schuldner eine natürliche Person, kann er innerhalb des Zeitraums nach Absatz 1 Satz 1 von dem Kreditinstitut verlangen, bestehendes oder künftiges Guthaben von dem Gemeinschaftskonto auf ein bei dem Kreditinstitut allein auf seinen Namen lautendes Zahlungskonto zu übertragen. Wird Guthaben nach Satz 1 übertragen und verlangt der Schuldner innerhalb des Zeitraums nach Absatz 1 Satz 1, dass das Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird, so gelten für die Einrichtung des Pfändungsschutzkontos § 850k und für das übertragene Guthaben die Regelungen des Buches 8 Abschnitt 4. Für die Übertragung nach Satz 1 ist eine Mitwirkung anderer Kontoinhaber oder des Gläubigers nicht erforderlich. Der Übertragungsbetrag beläuft sich auf den Kopfteil des Schuldners an dem Guthaben. Sämtliche Kontoinhaber und der Gläubiger können sich auf eine von Satz 4 abweichende Aufteilung des Übertragungsbetrages einigen; die Vereinbarung ist dem Kreditinstitut in Textform mitzuteilen.
(3) Absatz 2 Satz 1 und 3 bis 5 ist auf natürliche Personen, mit denen der Schuldner das Gemeinschaftskonto unterhält, entsprechend anzuwenden.
(4) Die Wirkungen von Pfändung und Überweisung von Guthaben auf dem Gemeinschaftskonto setzen sich an dem nach Absatz 2 Satz 1 auf ein Einzelkonto des Schuldners übertragenen Guthaben fort; sie setzen sich nicht an dem Guthaben fort, das nach Absatz 3 übertragen wird.
A. Normzweck und Systematik.
Rn 1
Die Vorschrift regelt bei einem bestehenden Gemeinschaftskonto den Anspruch auf Einrichtung von Einzelkonten und Begründung des Pfändungsschutzes für das Guthaben auf diesen Einzelkonten. Bislang fehlte dafür eine gesonderte Regelung, weswegen zahlreiche Einzelfragen umstritten waren. Da der Kontopfändungsschutz als persönliches Recht des Kunden ausgestellt ist und von dessen individueller Situation abhängt, wie der Höhe seines Einkommens, der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen und dem Rechtsgrund der Verbindlichkeit, kann ein Gemeinschaftskonto nicht als Pfändungsschutzkonto geführt werden. Deswegen bedarf es angemessener Schutzvorschriften. § 850l trifft Aussagen zur Rechtsstellung der vier bei der Pfändung eines Gemeinschaftskontos beteiligten Personengruppen, dem Kreditinstitut, dem Schuldner, dem anderen Inhaber des Gemeinschaftskontos sowie dem Gläubiger. Dem Schuldner soll der Übergang zu einem individuellen Pfändungsschutzkonto ermöglicht und sein Guthaben pfändungsgeschützt werden. Der Nichtschuldner soll als natürliche Person nicht dem Pfändungszugriff des Gläubigers unterworfen sein. Das Recht des Gläubigers soll sich an dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners fortsetzen. Vor Überweisung an den Gläubiger muss das Kreditinstitut eine Stillhaltezeit abwarten.
Rn 2
Die Stellung der unterschiedlichen Personengruppen spiegelt sich im Normaufbau wider. Abs 1 behandelt die Pflichten des Kreditinstituts bei der Pfändung eines Gemeinschaftskontos. Abs 2 regelt die Übertragung eines Guthabens von einem Gemeinschaftskonto auf ein allein auf den Namen des Schuldners laufendes Zahlungskonto. Abs 3 definiert die Voraussetzungen unter denen ein Nichtschuldner die Übertragung des Guthabens auf ein auf seinen Namen laufendes Zahlungskonto verlangen kann. Abs 4 bestimmt, dass sich die Wirkungen von Pfändung und Überweisung von Guthaben auf dem Gemeinschaftskonto an dem Einzelkonto des Schuldners fortsetzen.
B. Anwendungsbereich.
Rn 3
Der persönliche Anwendungsbereich der Regelung ist für eine natürliche Person als Schuldner eröffnet, die ein Gemeinschaftskonto unterhält. Allein natürliche Personen werden durch ein Pfändungsschutzkonto geschützt, § 850k I 1. Dieses Gemeinschaftskonto muss zwischen einer natürlichen Person als Schuldner und anderen Personen bestehen. Unerheblich ist, ob es sich um eine oder mehrere andere Personen handelt. Für die Begründung des Pfändungsschutzes zugunsten des Schuldners spielt es keine Rolle, ob die anderen natürliche und/oder juristische Personen sind. Der Begriff der juristischen Personen schließt Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften etc ein. Allerdings muss der Nichtschuldner eine natürliche Person sein, wenn für diese die Rechte aus § 850l III, IV Hs 2 gelten sollen. Ein Pfändungsschutzkonto kann allerdings nur für Einzelpersonen geführt werden, ein Gemeinschaftskonto ist nicht zulässig (Lissner JurBüro 21, 397, 398).
Rn 4
Der sachliche Anwendungsbereich der Norm setzt ein Gemeinschaftskonto voraus. Das Gemeinschaftskonto kann sowohl als ›Und-Konto‹ als auch als ›Oder-Konto‹ geführt werden. Bei einem ›Und-Konto‹ besteht, wenn keine Gesamthandsgemeinschaft ...