Gesetzestext
(1) Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist.
(2) Eine nach § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht übertragbare Forderung kann insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden, als der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Konsequenzen einer gepfändeten und überwiesenen Forderung entspr in vieler Hinsicht einer Übertragung (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 851 Rz 1). Als folgerichtige Verlängerung der Abtretungsverbote und des darin zum Ausdruck gekommenen Schutzgedankens ist eine Forderung nach Abs 1 regelmäßig nur insoweit pfändbar, wie sie übertragen werden kann. Diese Regelungsidee korrespondiert mit § 400 BGB, wonach eine unpfändbare Forderung grds nicht abgetreten werden kann.
Rn 2
Gemeinsamer Leitgedanke dieses Regelungsmodells ist der weitgehend angenäherte Gleichlauf von Pfändbarkeit und Abtretbarkeit. Dieses Modell darf freilich nicht schematisch zugrunde gelegt werden, denn es wird durch einige Sonderregeln durchbrochen, vgl Abs 2. § 851 stellt darauf ab, ob eine Forderung als solche nicht übertragbar ist, wenn die Abtretung kraft Gesetzes schlechthin verboten ist, der Gläubigerwechsel den Inhalt der Leistung ändern oder deren rechtlich gesicherte Zweckbindung vereiteln würde (BGHZ 141, 173, 176). Der Grundsatz ist daher anhand der Funktion der jeweiligen Regelung zu überprüfen. Einerseits begründen etwa die §§ 244, 294 LAG übertragbare Ansprüche, die in der Person des Geschädigten nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Andererseits können vereinzelt nicht abtretbare Forderungen gepfändet werden, bspw nach § 859 oder § 717 BGB, §§ 66, 76 GenG (St/J/Würdinger § 851 Rz 2 f). Unterschiedlichen Regelungen unterliegen die Abtretbarkeit und die Pfändbarkeit gem den §§ 53 II, II 54 II, III SGB I. Unterschiede bestehen auch bei künftigen Forderungen, die abtretbar, aber noch nicht pfändbar sind, wenn das künftige Entstehen der Forderung wahrscheinlich ist (§ 829 Rn 11). Bsp: Künftige Kundenforderungen aus einem bestimmten Geschäftsbereich sind unter einer Gesamtbezeichnung abtretbar, aber nicht pfändbar.
B. Unübertragbare Forderungen (Abs 1).
I. Gesetzliche Übertragungsverbote.
Rn 3
Eine Forderung ist nach § 851 I trotz fehlender Pfändungsverbote nur pfändbar, soweit sie übertragbar ist. Damit ist § 851 I ua auf die Regelung des § 399 Alt 1 BGB (Rz 12) anwendbar. Die Übertragbarkeit und damit Pfändbarkeit selbständiger Gestaltungsrechte richtet sich nach dem Einzelfall (BGH NJW 03, 1858). Nicht übertragbar aufgrund gesetzlicher Anordnung sind im bürgerlichen Recht die nicht verkehrsfähigen Rechte, wie die Vereinsmitgliedschaft, § 38 S 2 BGB, das Rücknahmerecht des Hinterlegers aus § 377 BGB, die Gesellschafterrechte § 717 S 1 BGB, im Zweifel das Vorkaufsrecht gem § 473 BGB oder gem §§ 1094 I, 1098 I 1 BGB (BGH NJW 03, 1858, 1859 [BGH 20.02.2003 - IX ZR 102/02]), anders die nach Ausübung des Vorkaufrechts entstandenen Rechte (RGZ 108, 113, 114). Im Zweifel unübertragbar sind auch die Ansprüche aus § 613 S 2 BGB, dessen Unübertragbarkeit zuvorderst dem Arbeitnehmerschutz dient (BGH NJW-RR 08, 1728 [BGH 26.06.2008 - IX ZR 144/05] Rz 31; zur Sanierungsberatung BGH NZI 13, 434 [BGH 21.02.2013 - IX ZR 69/12] Rz 9), und aus § 664 II BGB. Nicht übertragen werden kann die beschränkte persönliche Dienstbarkeit, § 1092 I 1 BGB, wie insb das Wohnrecht aus § 1093 BGB. Als akzessorisches Recht ist das Pfandrecht nach § 1250 I 2 BGB nicht allein pfändbar. Der Anspruch auf Erbauseinandersetzung ist an die Stellung als Miterbe gebunden und kann nicht abgetreten und deswegen auch nicht gepfändet werden (RGZ 60, 126, 128 ff).
Rn 4
Gesetzliche Übertragungsverbote für gesellschaftsrechtliche Forderungen bestehen nach den §§ 711a BGB, 41 IV AktG. Das Recht zur Kapitalentnahme gem § 122 HGB ist pfändbar (aA Winnefeld DB 77, 897, 900). Der Auskunftsanspruch aus § 51a GmbHG ist nicht pfändbar (BGH ZInsO 13, 1144 Rz 12).
Rn 5
Kraft Gesetzes unübertragbare sonstige Forderungen begründen die §§ 26 I, 39 I, 140 I, II BEG. Gleiches gilt für den Anspruch auf Erbbaurechtsentschädigung vor der Fälligkeit, § 27 IV ErbbauVO. Ansprüche nach § 13 I ContStifG sind gem § 13 V ContStifG weder übertragbar noch pfändbar. Leistungen der Bundesstiftung Mutter und Kind sind nach § 5 I MuKiStifG unpfändbar. Zu den Bezügen des Strafgefangenen § 850 Rn 24.
Rn 6
Ansprüche aus Lebensversicherungen (Direktversicherung bzw Gehaltsumwandlungsdirektversicherung) gem § 2 II 4 BetrAVG sind unabtretbar und unpfändbar (LG Konstanz Rpfleger 08, 87, 88; LG Stuttgart JurBüro 10, 155; einschränkend bei Unterhalts- und Zugewinnausgleichsansprüchen Stuttg NJW-RR 01, 150). Die Unpfändbarkeit gilt uneingeschränkt für die vor Verfügungen des ArbN umfassend geschützte Versorgungsanwartschaft (BGH NJW-RR 11, 283 Rz 7). Die Verfügungsbeschränkung erfasst nicht den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme im Versicherungsfall (BGH NJW-RR 09, 211 [BGH 23.10.2008 - VII ZB 16/08] Rz 9). Auch als künftige Forderung ...