Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani
Gesetzestext
(1) 1Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis ist jedem gestattet, der darlegt, Angaben nach § 882b zu benötigen:
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für Zwecke der Zwangsvollstreckung; |
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um gesetzliche Pflichten zur Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit zu erfüllen; |
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um Voraussetzungen für die Gewährung von öffentlichen Leistungen zu prüfen; |
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um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, dass Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen; |
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für Zwecke der Strafverfolgung und der Strafvollstreckung; |
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zur Auskunft über ihn selbst betreffende Eintragungen; |
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für Zwecke der Dienstaufsicht über Justizbedienstete, die mit dem Schuldnerverzeichnis befasst sind. |
2Die Informationen dürfen nur für den Zweck verarbeitet werden, für den sie übermittelt worden sind; sie sind nach Zweckerreichung zu löschen. 3Nichtöffentliche Stellen sind darauf bei der Übermittlung hinzuweisen.
(2) 1Das Recht auf Einsichtnahme durch Dritte erstreckt sich nicht auf Angaben nach § 882b Absatz 2 Nummer 3, wenn glaubhaft gemacht wird, dass zugunsten des Schuldners eine Auskunftssperre gemäß § 51 des Bundesmeldegesetzes eingetragen oder ein bedingter Sperrvermerk gemäß § 52 des Bundesmeldegesetzes eingerichtet wurde. 2Der Schuldner hat das Bestehen einer solchen Auskunftssperre oder eines solchen Sperrvermerks gegenüber dem Gerichtsvollzieher glaubhaft zu machen. 3Satz 2 gilt entsprechend gegenüber dem zentralen Vollstreckungsgericht, wenn die Eintragungsanordnung an dieses gemäß § 882d Absatz 1 Satz 3 übermittelt worden ist. 4Satz 1 ist nicht anzuwenden auf die Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis durch Gerichte und Behörden für die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 5 bezeichneten Zwecke.
A. Normzweck.
Rn 1
Ob seiner Warn- und Informationsfunktion muss das Schuldnerverzeichnis grds für jedermann einsehbar sein (BTDrs 16/10069, 41). § 882f regelt die Voraussetzungen der Einsichtnahme – den einzigen Weg, um über den im Schuldnerverzeichnis über eine bestimmte Person gespeicherten Datensatz Kenntnis zu erlangen (BayObLG 18.11.20 – 101 VA 124/20 = DGVZ 21, 45 LS 2). Die Einzelheiten der Einsicht regeln §§ 5–11 SchuFV. Die Entscheidung über die Einsichtnahme ist eine Maßnahme der Justizverwaltung (BayObLG 18.11.20 – 101 VA 124/20 = DGVZ 21, 45 LS 1).
Rn 2
Durch Art 1 Nr 18 EuKoPfVODG v 21.11.16 (BGBl I 16, 2591) wurden Abs 1 S 1 Nr 7 und Abs 2 neu geschaffen; die Änderung in Abs 1 ist am 26.11.16 iKg (Art 21 III 1 EuKoPfVODG), Abs 2 am 1.11.17 (Art 21 V EuKoPfVODG). Durch Art 10 Nr 6 G v 20.11.19 (BGBl I 19, 1724) wurde das Wort ›verwendet‹ in § 882f I 2 durch ›verarbeitet‹ ersetzt.
B. Tatbestandsvoraussetzungen.
I. Einsicht in das Schuldnerverzeichnis (Abs 1 S 1).
Rn 3
Zur Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis ist jedermann berechtigt, der die Angaben für einen in S 1 abschließend aufgeführten legitimen Zweck benötigt. Es genügt, wenn die Angaben diese Zwecke fördern (BTDrs 16/10069, 41). Der Verwendungszweck muss vom Nutzer dargelegt werden (BayObLG 18.11.20 – 101 VA 124/20 = DGVZ 21, 45 LS 3). Doch da die Anfragen zur Einsichtnahme elektronisch erfolgen und der Nutzer den verfolgten Zweck durch vorgegebene elektronische Textfelder oder Schlüsselzahlen angibt, bedarf es keines Nachweises und keiner Glaubhaftmachung des Informationsbedarfs. Erforderlich und ausreichend ist ein schlüssiger, widerspruchsfreier, überzeugender Vortrag (Zö/Seibel Rz 2). Eine vorgelagerte Prüfung des angegebenen Zwecks im Einzelfall findet nicht statt. Vielmehr ermöglicht die zwingende Registrierung des Nutzers und die Protokollierung jedes Abrufvorgangs nach § 882h III 2 Nr 4 eine nachträgliche Missbrauchsprüfung. Vor diesem Hintergrund erscheint es zw, ob die geringen Anforderungen an das Einsichtsrecht dem Schutz des Schuldners gerecht werden (so Musielak/Voit/Voit Rz 8; Fischer DGVZ 10, 113, 117). Dem wird zutr entgegengehalten, dass das Schuldnerverzeichnis keine detaillierten Informationen über die Vermögenslage des Schuldners enthält (Schuschke/Walker/Schuschke/Grieß Rz 2).
II. Einsichtnahmezwecke.
Rn 4
Nr 1 für Zwecke der Zwangsvollstreckung. Hierunter fällt jede Art von Vollstreckung einschließlich der Verwaltungsvollstreckung (BTDrs 16/10069, 41). Das Vollstreckungsverfahren muss ferner nicht vom Antragssteller selbst betrieben werden, vielmehr können sich Gläubiger vor Beginn von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen über deren Erfolgsaussichten informieren wollen. Erforderlich ist somit allein, dass der Antragsteller ein vollstreckungsbedingtes Interesse an der entspr Information hat. Der Schuldner kann nicht über Nr 1 die Vollstreckungsbehörde verpflichten, ihm einen Ausdruck der ihn betreffenden Eintragung auszuhändigen; dies schon deshalb, weil er unmittelbar selbst nach Nr 6 zum Erhalt einer solchen Auskunft berechtigt ist (VG Schwerin KKZ 19, 80, Rz 31).
Rn 5
Nr 2 zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten zur Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit. Diese Zwecksetzung dient der Erfüllung gesetzlicher, nicht bloß vertraglicher Prüfungspflichten, die sich auf die wirtschaftliche Zuverlässigkeit, also insb die Zahlungswilligkeit und die Zahlungsfähigkeit des Sc...