I. Vollmachtsmangel.
Rn 2
Die Vorschrift erfasst alle Fälle einer fehlenden Vollmacht, unabhängig davon, ob dem Handelnden das Fehlen der Vollmacht bewusst ist (zB GoA), er dies offenlegt oder verschweigt oder ob er sich für berechtigt hält. Maßgebend ist allein, ob zu erwarten ist, dass der Vertreter den Mangel voraussichtlich wird beheben können (Musielak/Voit/Weth § 89 Rz 1, 2).
II. Zulassung.
Rn 3
Die Entscheidung über die Zulassung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH NJW 02, 1957 [BGH 07.03.2002 - VII ZR 193/01]), weder die Partei noch der Vertreter haben darauf einen Anspruch (MüKoZPO/Toussaint § 89 Rz 4). Nach dem Zweck der Vorschrift setzt die Zulassung eine begründete Aussicht auf den Nachweis der Vollmacht oder eine Genehmigung voraus (Anders/Gehle/Weber ZPO § 89 Rz 2). Von einer Zulassung kann ermessensfehlerfrei abgesehen werden, wenn der Rechtsstreit entscheidungsreif ist und ausreichend Gelegenheit bestand, den Mangel zu beseitigen (München NVwZ-RR 99, 548, 549 [OLG München 22.01.1999 - 21 U 6698/98]). Ein ausdrücklicher Antrag des Vertreters ist nicht erforderlich, solange seinem Verhalten zu entnehmen ist, dass er die Vertretung fortführen will (St/J/Jacoby § 89 Rz 1; MüKoZPO/Toussaint § 89 Rz 3). Die Entscheidung ergeht aufgrund mündlicher Verhandlung durch unanfechtbaren (vgl § 567) Beschl (BAG NJW 65, 1041 [BAG 18.12.1964 - 5 AZR 109/64]; nach Anders/Gehle/Weber ZPO § 89 Rz 4 soll die Verweigerung der Zulassung nach § 567 I Nr 2 anfechtbar sein). Widerspricht der Gegner nicht, kann die einstweilige Zulassung auch stillschweigend durch Fristsetzung nach Abs 1 S 2 erfolgen (BGH NJW 94, 2298 [BGH 23.06.1994 - I ZR 106/92]; Kobl NJW-RR 06, 377 [OLG Koblenz 31.05.2005 - 3 U 1313/04]). Gestattet das Gericht der als Bevollmächtigter auftretenden Person trotz der Zweifel an der Bevollmächtigung Sachanträge zu stellen, ist darin regelmäßig die einstweilige Zulassung zu sehen mit der Folge, dass ein Endurteil erst nach einer zu setzenden Frist für die Beibringung der Vollmacht ergehen kann (BFH Beschl v 15.7.10 – IV B 55/09).
III. Sicherheitsleistung.
Rn 4
Die Anordnung einer Sicherheitsleistung (§§ 108, 109) steht ebenfalls im Ermessen des Gerichts und geschieht in der Form des Beschlusses, in dem dafür eine Frist gesetzt wird, deren Länge unabhängig von der Länge der Frist zu Beibringung der Vollmacht ist. Beschreitet das Gericht diesen Weg, muss die Verhandlung vertagt werden, denn dann darf die Zulassung erst dann erfolgen, wenn die Sicherheitsleistung nachgewiesen ist (Musielak/Voit/Weth § 89 Rz 4). Der Vertreter ist vom Verfahren auszuschließen, wenn er die Sicherheit nicht erbringt. Bringt er stattdessen die Vollmacht oder die Genehmigung der Prozessführung durch die Partei bei, entfällt die Notwendigkeit der Sicherheitsleistung, eine bereits geleistete ist zurückzugeben (Musielak/Voit/Weth § 89 Rz 4; Zö/Althammer § 89 Rz 4). Maßstab für die Höhe einer Sicherheitsleistung sind die dem Gegner durch eine einstweilige Zulassung drohenden finanziellen Nachteile, wenn die Vollmacht oder die Genehmigung nicht beigebracht wird.
IV. Fristsetzung.
Rn 5
Wegen Abs 1 S 2 ist eine Fristsetzung zur Beibringung der Vollmacht oder der Genehmigung notwendig (BAG VersR 08, 559 [BAG 26.07.2007 - 8 AZR 707/06]; KG KGR 02, 226, 227), die nach Zeitabschnitten zu bemessen ist (OVG Kobl NJW 93, 2547: nicht ausreichend ›umgehend‹). Die Frist muss ausreichend lang sein, eine zu kurze Frist kann Art 103 I GG verletzen. Die Fristsetzung erfolgt in dem Beschl über die einstweilige Zulassung oder durch Verfügung des Vorsitzenden. Eine Verlängerung der Frist ist möglich (§§ 224 ff). Da es sich nicht um eine Ausschlussfrist handelt (BGH NJW 07, 772), kann die Handlung auch noch nach Fristablauf bis zur Entscheidung über die Zurückweisung nachgeholt werden. Der Nachweis der Vollmacht erfolgt nach § 80 (§ 80 Rn 11 f).
V. Wirkungen.
Rn 6
Der einstweilen zugelassene Vertreter ist wie ein wirksam Bevollmächtigter zu behandeln und hat im Verhältnis zu Gericht und Gegner alle Rechte und Pflichten eines Prozessbevollmächtigten. Da sich der Prozess aber in einem Schwebezustand befindet, darf zwar ein Beweisbeschluss ergehen und auch eine Beweisaufnahme stattfinden, aber keine Entscheidung in der Sache, durch die der Prozess einen Abschluss erfährt (Abs 1 S 2). Neben der ausdrücklich erwähnten Endentscheidung sind auch alle anderen Entscheidungen erfasst, die zu einer (auch nur vorläufig) abschließenden Festlegung der Rechtsstellung der vertretenen Partei führen: Versäumnisurteil, Vorbehaltsurteil, Zwischenurteil (§ 280), Verweisung (§ 281). Aus der einstweiligen Zulassung ergibt sich deshalb nicht die Befugnis zum Abschluss eines unbedingten Prozessvergleichs. Dieser kann allenfalls unter der Bedingung geschlossen werden, dass die Vollmacht innerhalb der Frist beigebracht wird (Zö/Althammer § 88 Rz 10).