Rn 4
Für die Nachzahlung laufender Geldleistungen sieht § 904 einen dreistufigen Pfändungsschutz vor. Die Regelung erfasst sowohl Nachzahlungen, die sich auf den Grundfreibetrag als auch auf einen Erhöhungsbetrag beziehen. Auf der ersten Stufe sind bestimmte, einzeln aufgeführte Geldleistungen auch bei einer Nachzahlung in vollem Umfang unpfändbar. Auf der zweiten Stufe sind andere laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch und Arbeitseinkommen nach § 850 II, III bis zu einem Pauschalbetrag von 500 EUR unpfändbar. Das Kreditinstitut hat diesen Pfändungsschutz zu beachten, wenn eine Nachweisführung durch den Schuldner erfolgt ist. Auf der dritten Stufe sind über den Betrag von 500 EUR hinausgehende laufende Geldleistungen iSd der zweiten Stufe unpfändbar, soweit der für den jeweiligen Monat nachgezahlte Betrag in dem Monat, auf den er sich bezieht, nicht zu einem pfändbaren Guthaben geführt hätte. Die Entscheidung über die letzte Stufe trifft das Vollstreckungsgericht.
Rn 4a
Ob für den Zeitraum der Nachzahlung der Pfändungsschutz bestehen muss, ist differenziert zu beurteilen. Nachzahlungen nach Abs 1 und 2 verlangen nur, dass bei Gutschrift der Nachzahlung auf dem Konto ein Pfändungsschutz begründet ist. Die allgemeine und von den konkreten Zahlungsumständen abstrahierende Regelung knüpft in den betreffenden Bestimmungen nicht an einen bestehenden Kontopfändungsschutz an. Anders verhält es sich nach Abs 3. Hier wird ausdrücklich darauf abgestellt, ob der für den jeweiligen Monat nachgezahlte Betrag in dem Monat, auf den er sich bezieht, nicht zu einem pfändbaren Guthaben geführt hätte. Insoweit muss für den Nachzahlungszeitraum ein Kontopfändungsschutz begründet sein.
Rn 5
Auf der ersten Stufe erklärt § 904 Abs 1 nachgezahlte, also zu einem späteren Zeitpunkt als dem Monat, auf den sich die Leistungen beziehen, erbrachte Geldleistungen iSv § 902 S 1 Nr 1 lit b und lit c sowie Nr 4–6 für unpfändbar. Diese Leistungen sind unabhängig von ihrer Höhe unpfändbar, also auch, wenn sie mehr als 500,– EUR betragen (Sudergat Kontopfändung und P-Konto, Rz 1900). Es handelt sich dabei zunächst um die vom Schuldner entgegengenommenen laufende Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII für eine Bedarfsgemeinschaft, eine Einsatzgemeinschaft oder eine Haushaltsgemeinschaft. Erfasst werden auch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die der Schuldner entgegennimmt. Pfändungsgeschützt sind auch das Kindergeld nach dem EStG sowie andere gesetzliche Geldleistungen für Kinder. Eine Ausnahme ist vorgesehen, wenn wegen einer Unterhaltsforderung des Kindes gepfändet wird, für das die Leistungen gewährt oder bei dem sie berücksichtigt werden. Schließlich sind auch laufende Geldleistungen pfändungsgeschützt, die dem Schuldner nach landesrechtlichen oder anderen als in den § 902 S 1 Nr 1–5 genannten bundesrechtlichen Rechtsvorschriften gewährt werden, in welchen zugleich die Unpfändbarkeit der Geldleistung festgelegt wird. Nicht aufgeführt sind § 902 S 1 Nr 1 lit a sowie Nr 2 und 3. Für die Beträge zur Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflichten kommt eine Nachzahlung kaum in Betracht. Bei Geldleistungen nach § 902 S Nr 2 und 3 handelt es sich um Einmalleistungen, die sich nicht in das Konzept der Nachzahlungen einfügen.
Rn 6
Mit der zweiten Stufe werden nachgezahlte laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch sowie Arbeitsentgelt nach § 850 II, III in Höhe eines Pauschbetrags von 500 EUR geschützt, soweit sie nicht bereits von Abs 1 erfasst werden. Abzustellen dafür ist auf den Gesamtbetrag der Nachzahlung. Dies kann als Bagatellgrenze angesehen werden, welche im Interesse einer Verfahrensvereinfachung zulasten der Vollstreckungsgläubiger normiert ist. Dies schafft eine erhebliche Verfahrensvereinfachung und belastet die Gläubiger wegen des verhältnismäßig geringen Betrags nur geringfügig. Die Regelung gilt deswegen insb für Zahlungen der gesetzlichen Arbeitslosen-, Renten- oder Unfallversicherung, aber auch für Krankengeld nach dem SGB V. In Betracht kommen ebenso Nachzahlungen laufender Leistung aus der Pflege- oder Unfallversicherung bzw aus laufenden Versorgungsleistungen bei Gesundheitsschäden sowie aus laufenden Leistungen zur Rehabilitation, Teilhabe oder Eingliederung (HK-PrivatinsolvenzR/Richter § 904 Rz 5). Gleiches gilt für Arbeitsentgelt nach § 850 II, III.
Rn 7
Nachzahlungen der ersten und zweiten Stufe hat das Kreditinstitut gem Abs 4 bei einer Nachweisführung durch den Kontoinhaber zu beachten. Dafür gilt § 903 Abs 1, 3 S 1 und Abs 4 entspr. Der Nachweis ist durch die Vorlage einer Bescheinigung der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer befassten Einrichtung, des ArbG oder einer geeigneten Person oder Stelle iSd § 305 I Nr 1 InsO zu führen. Die Bescheinigung muss sich auf die Eigenschaft als nachgezahlte Sozialleistung etc beziehen. Die Familienkasse, der Sozialleistungsträger und die befasste Einrichtung sind zwangsvollstreckungsrechtlich zur Ausstellung verpflichtet, die anderen Stell...