Gesetzestext
(1) 1Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht festsetzen, dass das Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto für die Dauer von bis zu zwölf Monaten der Pfändung nicht unterworfen ist, wenn der Schuldner
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nachweist, dass dem Konto in den letzten sechs Monaten vor Antragstellung ganz überwiegend nur unpfändbare Beträge gutgeschrieben worden sind, und |
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glaubhaft macht, dass auch innerhalb der nächsten sechs Monate ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist. |
2Die Festsetzung ist abzulehnen, wenn ihr überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen.
(2) 1Auf Antrag jedes Gläubigers ist die Festsetzung der Unpfändbarkeit aufzuheben, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder die Festsetzung den überwiegenden Belangen des den Antrag stellenden Gläubigers entgegensteht. 2Der Schuldner hat die Gläubiger auf eine wesentliche Veränderung seiner Vermögensverhältnisse unverzüglich hinzuweisen.
A. Normzweck und Systematik.
Rn 1
§ 907 ermöglicht, die Unpfändbarkeit von Kontoguthaben auf einem Pfändungsschutzkonto für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten festzusetzen. Diese Regelung übernimmt die Vorschrift des bisherigen § 850l. Allerdings wurde die Möglichkeit, die Unpfändbarkeit des gesamten Kontoguthabens vorübergehend festzustellen, bislang wenig genutzt. Da dies auch an den erheblichen Hürden lag, verkürzt § 907 I den Prognosezeitraum auf sechs Monate. Ziel ist, besser zur Entlastung der Gerichte sowie der Kreditinstitute beizutragen. Aufgrund der festgesetzten Unpfändbarkeit entfällt der Zwang zur Nachweisführung (BTDrs 19/19850, 44).
Rn 2
Die Voraussetzungen, unter denen die Unpfändbarkeit von Guthaben auf dem Pfändungsschutzkonto anzuordnen ist, sind in Abs 1 bestimmt. Abs 2 S 1 regelt, wann eine Aufhebung der Anordnung vor Fristablauf zu erfolgen hat. Zusätzlich stellt Abs 2 S 2 eine Hinweispflicht für den Schuldner darüber auf, die Gläubiger auf eine wesentliche Veränderung seiner Vermögensverhältnisse unverzüglich hinzuweisen.
B. Festsetzung der Unpfändbarkeit, Abs 1.
Rn 3
Nicht wenige Schuldner unterschreiten langfristig oder dauerhaft die Pfändungsfreigrenzen auf dem Pfändungsschutzkonto. In solchen Situationen sind die komplexen Anpassungsverfahren des pfändungsfreien Guthabenbetrags zu aufwendig. Deswegen eröffnet § 907 I einen stabilen Weg, um das Kontoguthaben insgesamt für einen befristeten Zeitraum pfändungsfrei stellen zu können.
Rn 4
Die Vorschrift stellt eine Reihe von Voraussetzungen auf. Das Gericht wird lediglich auf Antrag des Schuldners tätig. Allerdings hat das Vollstreckungsgericht bei Festsetzung von Erhöhungsbeträgen nach § 905 S 2 oder der Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrags nach § 906 III Nr 3 iVm § 905 S 2 auf die Möglichkeit der Antragstellung hinzuweisen. Da diese Hinweispflicht voraussetzt, dass die Anforderungen von § 907 I aufgrund der vom Schuldner vorgelegten Unterlagen erfüllt sein können, ist es für den Schuldner regelmäßig sinnvoll, aufgrund des Hinweises einen entspr Antrag zu stellen. Auch ohne gerichtlichen Hinweis ist die Antragstellung zulässig.
Rn 5
Unter zwei einkommensbezogenen Voraussetzungen kommt eine Festsetzung der Unpfändbarkeit von Kontoguthaben in Betracht. Zunächst muss der Schuldner nachweisen, dass dem Konto in den vergangenen sechs Monaten vor Antragstellung ganz überwiegend nur unpfändbare Beträge gutgeschrieben worden sind, § 907 I 1 Nr 1. Das erste Regelungselement stellt damit auf einen Vergangenheitszeitraum ab. Verlangt werden lediglich ganz überwiegend unpfändbare Beträge. Maßstab für die Unpfändbarkeit ist die Pfändungsgrenze auf dem Pfändungsschutzkonto, nicht an der Quelle (aA HK-PrivatinsolvenzR/Richter § 907 Rz 5). Zwar spiegelt der Kontopfändungsschutz den Pfändungsschutz an der Quelle, doch handelte es sich bei § 907 I um eine von Billigkeits- und praktischen Erwägungen getragene Vorschrift, für die es inzwischen keine Entsprechung im allgemeinen Forderungspfändungsrecht gibt. Geringfügige Überschreitungen der Pfändungsfreigrenzen sind unbeachtlich. Dabei existiert keine feste Grenze, ab wann höhere Zahlungseingänge schädlich sind. Eine prozentuale Festlegung kann nicht erfolgen. Vielmehr hat das Gericht die Schuldner- und Gläubigerinteressen abzuwägen. So können etwa gewisse Einmalzahlungen unberücksichtigt gelassen werden. Bei Nachzahlungen ist entscheidend, welchen Zeitraum sie erfassen. Erforderlich ist für diesen vergangenen Zeitraum eine Nachweisführung. Der Schuldner muss die ganz überwiegende Unpfändbarkeit nachweisen. Dies kann etwa aufgrund von Kontoauszügen erfolgen. Mehrere Einkünfte sind nach Maßgabe von § 850e zusammenzurechnen.
Rn 6
Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner nach § 907 I 1 Nr 2 die Zukunftsprognose glaubhaft machen, wonach innerhalb der nächsten sechs Monate ganz überwiegend nur die Gutschrift unpfändbarer Beträge zu erwarten ist. An die Prognose sind hohe, aber nicht übertriebene Anforderungen zu stellen. Hier sind die individuellen Verhältnisse des Schuldners maßgebend. Bezieht eine alleinerziehende Person un...