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Wird eine Berufung nur zur Fristwahrung eingelegt und später zurückgenommen, dann sind die Kosten eines Anwalts, den der Berufungsgegner bereits bestellt hat, grds erstattungsfähig.
Wird der Zurückweisungsantrag allerdings gestellt, bevor der Berufungsführer seine Berufung begründet hat, ist grds nur eine ermäßigte 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr 3200, 3201 Nr 1 VV RVG erstattungsfähig (BGH AGS 07, 537 = NJW 07, 3723 = JurBüro 08, 35 = RVGreport 07, 427). Ein Zurückweisungsantrag ist in dieser Phase noch nicht notwendig, so dass dessen Kosten damit nicht erstattungsfähig sind.
Wird der Antrag auf Zurückweisung der Berufung vor Eingang der Rechtsmittelbegründung gestellt, das Rechtsmittel dann aber nachträglich noch begründet, ist die volle 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG erstattungsfähig, da sich der Antrag im Nachhinein als notwendig erwiesen hat (BGH NJW 09, 2220 = AGS 09, 313 = JurBüro 09, 432; AGS 10, 513 = JurBüro 10, 649; NJW-Spezial 14, 699 = AnwBl 14, 1060).
Weist das Gericht nach der Einlegung der Berufung, aber vor der Begründung auf seine vermutliche Unzuständigkeit hin und beantragt der Berufungsbeklagte daraufhin die die Verwerfung der Berufung als unzulässig, gehört die hierdurch entstehende 1,6-fache Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV RVG) auch dann zu den notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung, wenn der Berufungskläger später das Rechtsmittel zurücknimmt, ohne es begründet zu haben (BGH NJW 09, 3102 = MDR 09, 1195 = FamRZ 09, 1664 = RVGreport 10, 76). Anders dagegen, wenn das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf § 522 I auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung hinweist und es diesen Hinweis auch dem Berufungsbeklagten zur Kenntnis bringt; dann hat der Berufungsbeklagte regelmäßig keine Veranlassung, innerhalb der mit dem Hinweis verbundenen Stellungnahmefrist Kosten auslösende Maßnahmen zu ergreifen, so dass nur die 1,1-Verfahrensgebühr erstattungsfähig ist (BGH AGS 10, 50 = MDR 10, 165 = JurBüro 10, 145 = NJW-RR 10, 1224).
Dagegen ist die Gebühr für den Berufungsgegner auch dann erstattungsfähig, wenn er seinen Anwalt beauftragt, nachdem das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass es beabsichtige, nach § 522 II zu verfahren, und der Berufungskläger hiergegen Einwände erhoben hat (BGH, MDR 18, 58 [BGH 08.11.2017 - VII ZB 81/16]).
Beantragt der Berufungsbeklagte nach Einlegung und Begründung des Rechtsmittels dessen Zurückweisung, ist grds eine 1,6-Verfahrensgebühr erstattungsfähig. Dazu ist nicht erforderlich, dass sich der Berufungsbeklagte mit der Berufungsbegründung inhaltlich auseinandersetzt (BGH AnwBl 09, 235 = AGS 09, 143 = JurBüro 09, 142 = NJW-RR 09, 859 = RVGreport 09, 74). Das gilt auch dann, wenn das Gericht noch keine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt hat, weil es zunächst ein Vorgehen nach § 522 II prüft (BGH NJW 10, 3170 = MDR 10, 1287 = AGS 10, 514 = RVGreport 10, 430). Auch dann, wenn die Berufung nach § 522 II zurückgewiesen wird, ist die volle 1,6fache Verfahrensgebühr Nr. 3200 VV RVG vom Berufungsführer zu erstatten. Das gilt selbst dann, wenn der Berufungsbeklagte zuvor noch keine Berufungserwiderung eingereicht hat (Köln MDR 10, 1222 = JurBüro 10, 650; AGS 10, 515 = JurBüro 10, 650; Celle OLGR 08, 419).
Ist die Berufung bereits zurückgenommen, bevor der Berufungsgegner seinen Anwalt beauftragt hat, so war strittig ist, ob es für die Erstattungsfähigkeit auf die Kenntnis des Berufungsgegners von der Rücknahme ankommt. Der BGH hatte zunächst auf die objektive Lage abgestellt (JurBüro 16, 312 = AGS 16, 252 = NJW 16, 2751). Diese Auffassung hat er zwischenzeitlich aufgegeben (AnwBl 17, 447 = FamRZ 17, 643 = Rpfleger 17, 340 = AGS 17, 248; NJW 18, 1403 = AnwBl 18, 300 = AGS 18, 251 = JurBüro 18, 307) und ist der gegenteiligen Instanzrechtsprechung (Celle, AGS 17, 99 = JurBüro 17, 151 = NJW-Spezial 17, 123; Stuttgart JurBüro 17, 152 = Rpfleger 17, 364 = AGS 17, 304; München, AnwBl 16, 854 = AGS 16, 547 = FamRZ 17, 138 = NJW-Spezial 16, 733) gefolgt. Abzustellen ist auf die ›verobjektivierte Ex-ante-Sicht‹ des Berufungsgegners. Solange dieser keine Kenntnis von der Berufungsrücknahme hat, sind die in Unkenntnis aufgewandten Kosten erstattungsfähig.