Rn 9
Häufigster Fall ist die freiwillige Erfüllung des Klageanspruchs durch den Bekl oder einen Dritten (St/J/Muthorst Rz 6 Fn 24), auch wenn sie nur unter Vorbehalt der Rückforderung erfolgt (Nürnb FamRZ 00, 1025). Das gilt allerdings nicht, wenn der Vorbehalt nicht nur – wie üblich – § 814 BGB ausschließen soll, sondern die Erfüllung unter die Bedingung des Bestehens der Forderung stellt und damit dem Gläubiger weiterhin die Beweislast für deren Bestehen aufbürdet. Das ist insb anzunehmen, wenn der Schuldner während des Rechtsstreits zahlt und diesen trotzdem fortsetzt. Ggf muss der Schuldner beweisen, dass die Leistung unter Aufrechterhaltung der Beweislast erfolgte (BGHZ 139, 357 = NJW 99, 494). Bsp für Erfüllung sind die Herausgabe der herausverlangten Sache, die Erteilung der begehrten Auskunft (BGHZ 141, 318 = NJW 99, 2520), die Mängelbeseitigung bei der Vorschussklage (Kobl NJW-RR 90, 981), der Abdruck bzw die Ausstrahlung einer Gegendarstellung (Kobl NJW-RR 06, 484), die Abgabe der erstrebten Willenserklärung oder der verlangten strafbewehrten Unterlassungserklärung (und damit Wegfall der Wiederholungsgefahr beim Unterlassungsanspruch – BGH NJW-RR 06, 566 [BGH 24.10.2005 - II ZR 56/04]; Hamm GRUR 84, 70; Frankf GRUR-RR 11, 338; Bernreuther GRUR 07, 660) sowie die Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung durch Konfusion (Köln NJW-RR 92, 1337). Bei einer Überweisung kommt es auf die Gutschrift an (Hamm OLGR 95, 80). Die Gewährung von Abwehrschutz im Haftpflichtprozess erledigt die anhängige Deckungsschutzklage (Köln VersR 17, 478). Keine Erledigung tritt dagegen ein, wenn der Bekl lediglich zur Abwendung der drohenden Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel leistet (BGHZ 94, 274 = NJW 85, 2405; NJW 15, 699; Saarbr NJW-RR 98, 1068; Hamm NJW-RR 06, 391; aA für Erfüllung durch Auskunftserteilung LArbG Frankf Urt v 27.1.17 – 14 Sa 95/16 – juris; für den Sonderfall des Abdrucks bzw der Ausstrahlung einer Gegendarstellung vgl Kobl NJW-RR 06, 484; für die eV Celle NJOZ 18, 1179) oder aus einem durch etwaige Aufhebung im Nachverfahren auflösend bedingten Vorbehaltsurteil (BGHZ 86, 269 = NJW 83, 1111). Gleiches gilt für die Beitreibung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel (Saarbr NJW-RR 98, 1068; zust Becker-Eberhard JuS 98, 884 [OLG Saarbrücken 05.11.1997 - 1 U 131/97-41-]). Dementsprechend führt auch der Besitzverlust, den der Besitzer einer Sache infolge einer (drohenden) Zwangsvollstreckung eines auf Herausgabe der Sache gerichteten vorläufig vollstreckbaren Titels erleidet, nicht zur Erledigung der Vindikationsklage (BGH NJW 14, 2199 [BGH 14.03.2014 - V ZR 115/13]). Erledigung tritt auch nicht ein, wenn erst im Laufe des Schadensersatzprozesses nach § 717 II festgestellt wird, dass der im Vorprozess geltend gemachte Anspruch besteht, da ein Schaden von Anfang an gefehlt hat (BGH NJW-RR 05, 1135). Die Zahlung durch einen verklagten Gesamtschuldner führt nicht zwangsläufig zur Erledigung für den anderen, sofern die Gesamtschuld streitig ist (BGH NJW 00, 1120; Saabr NJW 16, 3186 [OLG Saarbrücken 17.12.2015 - 4 U 140/14]). Zahlungen des Kaskoversicherers an den Geschädigten nach Rechtshängigkeit führen wegen § 265 ebenfalls nicht zur Erledigung (Karlsr NJW-RR 14, 546). Zur Wirkung von Zahlungen an den GV vgl BGH NJW 09, 1085 [BGH 29.01.2009 - III ZR 115/08] mit Anm Meller-Hannich ZJS 09, 288.
Rn 10
In Betracht kommt ferner insb die Aufrechnung, auch durch den Kl (BGH NJW 86, 588). Maßgeblich ist insoweit nicht das Entstehen der Aufrechnungslage, sondern die Aufrechnungserklärung (BGHZ 155, 392 = NJW 03, 3134). Die Rechtsfolge des § 389 BGB wird erst durch die Aufrechnungserklärung (§ 388 S 1 BGB) ›bewirkt‹. Hierfür spricht auch, dass der Kl – etwa wegen §§ 390, 393 BGB – an einer Aufrechnung gehindert sein kann, so dass ihm nur der Weg der klageweisen Geltendmachung bleibt. Der Bekl ist demgegenüber nicht schutzwürdig, da er die Aufrechnung bei Zahlungsaufforderung vor Klageerhebung erklären kann. Für den Fall, dass der Kl ihn nicht vorprozessual zur Zahlung auffordert, kann § 93 zum Tragen kommen (BGHZ 155, 392 = NJW 03, 3134; zust Luckey VersR 04, 129; abl Lindacher LMK 04, 13). Die Hilfsaufrechnung stellt kein erledigendes Ereignis dar, weil das Gericht über die bestrittene Klageforderung noch entscheiden muss (Zö/Althammer Rz 58.6).
Rn 11
Auch bei der Verjährungseinrede ist der Zeitpunkt der Einredeerhebung maßgeblich. Die erstmalige Erhebung der Einrede der Verjährung im Laufe des Verfahrens stellt ein erledigendes Ereignis dar. Dies gilt auch dann, wenn die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist (BGHZ 184, 128 = NJW 10, 2422; Meller-Hannich LMK 10, 304505; jetzt auch Zö/Althammer Rz 58.50; aA Cziupka JR 10, 372). Dass den Kl aufgrund der Geltendmachung eines verjährten Anspruchs eine subjektive Mitverantwortlichkeit für die spätere Erledigung trifft, ist für die Frage, ob ein erledigendes Ereignis vorliegt, ohne Bedeutung ...