Rn 51

Da das Gericht bei der einseitigen Erledigungserklärung zu prüfen hat, ob tatsächlich Erledigung eingetreten ist, kommt dem Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses – anders als bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen (Rn 23) – eine wichtige Bedeutung zu. Einigkeit besteht, dass erledigende Ereignisse jedenfalls solche sind, die nach Rechtshängigkeit eintreten und zur Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der bis zu diesem Zeitpunkt zulässigen und begründeten Klage führen. Dagegen können jedenfalls Ereignisse, die vor Einreichung der Klage, mithin vor Anhängigkeit des Rechtstreits liegen, keine Erledigung bewirken, da es bereits an einem Prozessrechtsverhältnis fehlt, das sich erledigen könnte (MüKoZPO/Schulz Rz 94). Zahlt der Bekl die Forderung und reicht der Kl in Unkenntnis dieser Zahlung Klage ein, so wäre eine einseitige Erledigungserklärung zwar zulässig, aber ohne Erfolg, da die Klage zu keiner Zeit begründet war.

 

Rn 52

Sehr umstr ist dies hingegen für den Fall, dass das erledigende Ereignis zwischen An- und Rechtshängigkeit eingetreten ist. Die Verneinung der Erledigung kann hier zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn der Bekl die Klageforderung nach Einreichung, aber vor Zustellung der Klage erfüllt und der Kl einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung der aus dem Rechtsstreit entstandenen Kosten – etwa aus Verzug (§§ 280 II, 286 BGB) – gegen den Bekl hat. Der in der einseitigen Erledigungserklärung liegende Feststellungsantrag wäre zwar zulässig, aber unbegründet. Der Kl müsste die Klage mit der Kostenfolge aus § 269 III 2 zurücknehmen und seinen Erstattungsanspruch in einem neuen, weiteren Prozess geltend machen. Unter Umständen müsste er zugleich noch Vollstreckungsgegenklage im Hinblick auf den Kostenfestsetzungsbeschluss aus dem ersten Verfahren erheben (Sannwald NJW 85, 898). Auf den Zeitpunkt der Zustellung der Klage hat der Kl keinen Einfluss. Zum Teil wird daher in entsprechender Anwendung der §§ 696 III, 167 auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit abgestellt, so dass Erledigung auch dann festzustellen sei, wenn das erledigende Ereignis zwischen Einreichung und Zustellung der Klage eingetreten ist. Danach soll es für die Erledigung darauf ankommen, ob die Klage im Zeitpunkt der Einreichung zulässig und begründet war. Zur Begründung werden Gesichtspunkte der Prozessökonomie und der Billigkeit angeführt (KG OLGZ 80, 241; Naumbg FamRZ 02, 1042, München NJW 79, 274; Ulrich NJW 94, 2793, 2794). Zudem wird darauf verwiesen, dass auch in anderen Verfahrensordnungen (VwGO, FGO) die Rechtshängigkeit bereits mit Klageeinreichung eintrete (MüKoZPO/Schulz Rz 93; Rixecker ZZP 96, 505, 513). Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass erst die Zustellung einer Klage das Prozessrechtsverhältnis, die Parteien und den Streitgegenstand bestimmt (§§ 253 II, 261). Vor Zustellung der Klage ist noch kein Rechtsstreit iSd ZPO vorhanden, der sich erledigen könnte und es fehlt an einem Prozessrechtsverhältnis. Im Stadium der Anhängigkeit kann auch keine Hauptsache vorliegen, die sich erledigen könnte. Die Feststellung, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt, setzt daher nach einseitiger Erledigungserklärung des Kl voraus, dass die Klage nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist (BGHZ 83, 12 = NJW 82, 1598; stRspr NJW-RR 88, 1151; NJW 94, 2895). Der Zeitpunkt der Klagezustellung lässt sich anhand der Akten auch leicht feststellen. Die Beweislast für den Zeitpunkt der Erledigung richtet sich nach den allgemeinen Regeln (St/J/Muthorst Rz 11). Bestehen Zweifel hinsichtlich des Erledigungszeitpunktes, kann die Erledigungserklärung hilfsweise für den Fall gestellt werden, dass die Klage vor Erfüllung der Klageforderung zugestellt wurde (KG NJW-RR 98, 1074 [LG Memmingen 27.01.1998 - 1 S 2054/97]; Nürnbg DAR 95, 330 [OLG Nürnberg 20.04.1994 - 4 U 256/94]). Fällt das erledigende Ereignis auf denselben Tag wie die Zustellung der Klage und lässt sich nicht ohne Weiteres feststellen, ob zuerst das erledigende Ereignis oder Rechtshängigkeit eingetreten ist, soll nach LG Wuppertal (NJW 20, 693 [LG Wuppertal 12.12.2019 - 1 O 83/19]) § 269 III 3 entspr zur Anwendung kommen.

 

Rn 53

Einen etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen den Bekl kann der Kl im Wege der Klageänderung im bisherigen Prozess geltend machen, indem er nunmehr Ersatz der ihm entstandenen und noch entstehenden Prozesskosten vom Bekl begehrt (BGH WM 79, 1128; Stuttg NJW-RR 97, 1222). Dies kann problematisch sein, weil der Kl zum einen die Kosten genau ausrechnen müsste und zum anderen hinsichtlich der noch nicht bezahlten Anwaltskosten nur ein Freistellungsanspruch besteht. Soweit die Prozesskosten sich noch nicht beziffern lassen, kann er daher die Klage auf Feststellung ändern, dass der Bekl ihm sämtliche in dem Verfahren entstandenen und noch entstehenden Kosten des Rechtsstreits zu erstatten habe (BGHZ 83, 12 = NJW 82, 1598; BGHZ 91, 126 = NJW 84, 1901; BGH NJW 94, 2895; Nürnbg DAR 95, 330...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge