Rn 8

Auf den Schadensersatzanspruch aus § 945 sind die allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff BGB anwendbar (BGHZ 96, 1, 2 = NJW 86, 180; 122, 172, 179 = NJW 93, 2685; 168, 352 Rz 19 = NJW 06, 2767; GRUR 15, 154 Rz 34 – Nero; NJW 17, 1600 Rz 9). Der Schadensersatzanspruch umfasst grds den durch die Vollziehung der einstweiligen Rechtsschutzanordnung adäquat-kausal verursachten, unmittelbaren oder mittelbaren Schaden (Vollziehungsschaden, BGH GRUR 16, 406 Rz 29 – Piadina-Rückruf; NJW 17, 1600 Rz 9). Ein solcher Vollziehungsschaden setzt voraus, dass der Schuldner von einer Handlung Abstand nimmt, die durch den gerichtlichen Titel untersagt wird (BGH GRUR 92, 203, 206 [BGH 28.11.1991 - I ZR 297/89] – Roter mit Genever; GRUR 16, 406 Rz 29 – Piadina-Rückruf). Daran fehlt es, wenn das den Schaden verursachende Verhalten bei objektiver Auslegung des Verbotstitels nicht untersagt war (BGH GRUR 16, 406 [BGH 30.07.2015 - I ZR 250/12] Rz 29 – Piadina-Rückruf). Ist eine durch Urt ergangene Unterlassungsverfügung mit einer Ordnungsmittelandrohung versehen, so kann ein Vollziehungsschaden bereits mit Verkündung des Urteils entstehen, weil der Schuldner die Verbotsverfügung ab diesem Zeitpunkt zu beachten hat (BGHZ 180, 72 Rz 16 = WM 09, 1622; Schuschke/Walker/Walker Rz 48; Teplitzky/Schwippert Kap 36 Rz 31). Die im Urt enthaltene Strafandrohung gilt als erster Schritt der Vollziehung iSd § 945 (BGHZ 180, 72 Rz 16 = WM 09, 1622). Dem daraus folgenden Risiko für den Gläubiger, sich Schadensersatzansprüchen nach § 945 bereits ab dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung auszusetzen, kann dieser auf verschiedene Weise begegnen. Er kann davon absehen, bereits im Erkenntnisverfahren eine Ordnungsmittelandrohung zu beantragen, oder er kann vor der Verkündung der mit der Ordnungsmittelandrohung versehenen Urteilsverfügung dem Schuldner ggü die Erklärung abgeben, dass er für einen bestimmten Zeitraum – etwa bis zur Zustellung der Urteilsverfügung – keine Rechte aus dem Vollstreckungstitel herleitet (BGHZ 180, 72 Rz 16 = WM 09, 1622). Wird die mit einer Ordnungsmittelandrohung versehene Unterlassungsverfügung durch Beschluss angeordnet, hat der Schuldner das Verbot zu beachten, sobald ihm die Beschlussverfügung im Parteibetrieb nach § 922 Abs. 2 zugestellt worden ist (BGH GRUR 15, 154 Rz 17 – Nero; WM 17, 328 Rz 13 – Dügida). Ab diesem Zeitpunkt kann ein Vollziehungsschaden eintreten (BGH GRUR 15, 154 Rz 17 – Nero). Hat der Schuldner eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung erfüllt, ohne dass eine Strafandrohung gem § 890 II ergangen war, kommt ein Vollziehungsschaden (nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung) jedoch nicht in Betracht (BGHZ 120, 73 = NJW 93, 1076). Gleiches gilt für Schäden, die dem Schuldner wegen der Befolgung des Verbots nach Rücknahme des Verfügungsantrags durch den Gläubiger entstehen (BGH GRUR 15, 154 Rz 24 – Nero). 2. Entgangener Gewinn. Zum ersatzfähigen Schaden gehört auch der infolge des Vollzugs von Verbotsverfügungen entgangene Gewinn des Schuldners (BGHZ 168, 352 Rz 19 = NJW 06, 2767; GRUR 15, 154 Rz 34 – Nero; NJW 17, 1600 Rz 19; MüKoZPO/Drescher Rz 21; Wieczorek/Schütze/Thümmel Rz 22). 3. Vorteilsausgleichung. Die Regeln zur Vorteilsausgleichung – zB Wertsteigerung der wegen Veräußerungsverbot nicht verkauften Sache – sind anwendbar (BGHZ 77, 151, 155 = NJW 80, 2187; BGH Beschl v 3.2.11 – IX ZR 141/10 Rz 3 nv). 4. Grundsätze zu § 287. Die Grundsätze zu § 287 sind gleichfalls zu berücksichtigen (BGH NJW 93, 2685, 2688 [BGH 01.04.1993 - I ZR 70/91]; NJW 17, 1600 Rz 15). § 287 erleichtert dem Geschädigten nicht nur die Beweisführung, sondern auch die Darlegung (BGH NJW 93, 734; NJW 95, 3248, 3250; BGHZ 168, 352 Rz 25 = NJW 06, 2767; GRUR 15, 154 Rz 28 – Nero). Stehen Haftungsgrund und Schadenseintritt fest, darf das Gericht von einer Schätzung des Schadens nach § 287 nicht schon deshalb absehen, weil der Sachvortrag des Geschädigten eine abschließende Beurteilung seines gesamten Schadens nicht zulässt (Vgl BGH GRUR 15, 154 Rz 34 – Nero: Schätzung des Mindestschadens). Sie darf nur dann abgelehnt werden, wenn deren Ergebnis mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde (BGH NJW 95, 3248, 3250; BGH Beschl v 3.2.11 – IX ZR 141/10 Rz 3 nv). 5. Zurechnungszusammenhang. Der Zurechnungszusammenhang zwischen einem schädigenden Ereignis und dem Schaden bei eigenen selbstschädigenden Handlungen des Geschädigten bleibt bestehen, wenn die Handlung durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und für sie ein rechtfertigender Anlass im Sinne einer nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewertenden Entschließung bestand (BGH NJW 17, 1600 Rz 11). Er fehlt, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder sachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, welche den Schaden endgültig herbeiführt (BGH NJW 17, 1600 [BGH 13.10.2016 - IX ZR 149/15] Rz 11). Hat sich der Verfügungsbeklagte nach Verwirklichung de...

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