1. Angriffs- und Verteidigungsmittel.
Rn 5
Zu den Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd § 96 gilt im Einzelnen Folgendes:
Anordnungsverfahren. Die Kosten eines zur Hauptsache gehörenden einstweiligen Anordnungsverfahren (etwa auf Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne gesonderte mündliche Verhandlung – s. § 19 I 2 Nr 12 RVG) können in entsprechender Anwendung des § 96 ausgetrennt werden, wenn der Antrag einer Partei im Eilrechtsschutz abgewiesen wird, der Antrag in der Hauptsache aber (tw) Erfolg hat (Naumbg OLGR 09, 4).
Aufrechnung. Die Aufrechnung ist ein Verteidigungsmittel iSd § 96 gilt im (Zö/Herget § 96 Rz 1); anders dagegen die Hilfsaufrechnung (s Rn 19).
Rn 6
Auswechseln des Klagegrundes. Wird der Klagegrund ausgetauscht, also anstatt einer bisher unbegründeten Forderung eine andere zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, mit der der Kl nunmehr durchdringt, können Kosten, die auf den ursprünglichen Klagegegenstand entfallen, nicht nach § 96 ausgetrennt werden (aA Anders/Gehle/Göertz ZPO § 96 Rz 4 mit Fehlzitat auf BGH). Hier ist vielmehr die Rücknahme des ursprünglichen Klageanspruchs iRd Klageänderung bei der Kostenquotierung (§§ 91, 92, 269) zu berücksichtigten. In Betracht kommt aber, dass besondere Kosten – etwa die einer Beweisaufnahme – über den früheren Klagegrund auszutrennen sind.
Rn 7
Behauptungen, die im Verlaufe des Verfahrens nicht nachgewiesen werden konnten, sind Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd § 96.
Rn 8
Bestreiten, auch Bestreiten mit Nichtwissen. Bestreitet eine Partei erfolglos eine Behauptung der Gegenseite, obsiegt sie dann aber aus anderen Gründen, können ihr die Kosten der erfolglosen Beweisaufnahme nach § 96 vorab auferlegt werden:
Rn 9
Beispiel:
Der Mieter wird aufgrund einer Betriebskostenjahresabrechnung in Anspruch genommen. Er bestreitet, dass ihm die Abrechnung fristgerecht mitgeteilt worden ist. Darüber hinaus bestreitet er die Rechtmäßigkeit der abgerechneten Heizkosten. Das Gericht erhebt zunächst Zeugenbeweis darüber, ob die Betriebskostenabrechnung dem Mieter zugegangen ist, wovon es aufgrund der Beweisaufnahme ausgeht. In der Sache wird sodann ein Sachverständigengutachten zur Höhe der Heizkosten eingeholt. Aufgrund des Sachverständigengutachtens wird die Klage abgewiesen.
Da die Kosten der Zeugenvernehmung ausschließlich durch das erfolglose Bestreiten verursacht worden sind, können diese Kosten vorab dem Beklagten auferlegt werden.
Rn 10
Beweisantrag. Der Beweisantrag ist ebenfalls ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSd § 96. War bereits die zugrunde liegende Behauptung (Rn 7) oder das zugrunde liegende Bestreiten (Rn 8) erfolglos, führt dies bereits zur Anwendung des § 96. Die Kosten, die aufgrund eines erfolglosen Beweisantrags ausgelöst sind, können aber gesondert nach § 96 ausgetrennt werden, nämlich dann, wenn sich die zugrunde liegende Behauptung oder das zugrunde liegende Bestreiten aus anderen Gründen als zutr erweist.
Rn 11
Beispiel:
Der Kl benennt für eine anspruchsbegründende Tatsache den Zeugen A, der zur Sache aber nichts bekunden kann. Später wird der Zeuge B vernommen, der den Vortrag des Klägers bestätigt.
Die durch die Vernehmung des Zeugen A entstandenen Kosten können den Kl nach § 96 vorab auferlegt werden.
Beweisverfahren. S.u. Selbstständiges Beweisverfahren.
Rn 12
Einspruch. Einsprüche sind keine Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd § 96, abgesehen davon, dass hier besondere Kostenregelungen vorgesehen sind.
Rn 13
Einrede der fehlenden Prozesskostensicherheit nach § 110 I ist ein Verteidigungsmittel iSd § 96 (BGHZ 76, 50 = NJW 80, 838).
Rn 14
Einreden. Einreden sind Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd § 96.
Rn 15
Einwendungen. Einwendungen sind Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd § 96.
Rn 16
Erinnerung. Erinnerungen sind keine Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd 96, zumal hier besondere Kostenregelungen vorgesehen sind.
Rn 17
Gehörsrüge. Gehörsrügen sind keine Angriffs- und Verteidigungsmittel iSd 96, abgesehen davon, dass hier besondere Kostenregelungen vorgesehen sind.
Rn 18
Hilfsantrag. Wird dem Hilfsantrag stattgegeben, wird die Erfolglosigkeit des Hauptantrags bereits iRd § 92 bei der Kostenentscheidung berücksichtigt. In Betracht kommt aber, dass besondere Kosten, etwa die einer Beweisaufnahme, über den erfolglosen Hauptantrag auszutrennen sind.
Rn 19
Hilfsaufrechnung. Soweit die Hilfsaufrechnung nicht oder nur tw durchdringt, unterliegt der Aufrechnende, so dass nach §§ 91, 92 unter Berücksichtigung der Werterhöhung nach § 48 III, IV GKG zu entscheiden ist. Unzutreffend ist die Auffassung des von Frankfurt (JurBüro 82, 1701), das bei – ganz oder teilweise – durchgreifender Hilfsaufrechnung die Kostenentscheidung nach dem Prozessergebnis und nicht nach dem erhöhten Streitwert ausrichtet und dem ganz oder tw Obsiegenden die Kosten bzw Mehrkosten einer von ihm erfolglos geltend gemachten Streitwert erhöhenden Eventualaufrechnung auferlegen will. Soweit durch eine erfolglose Beweisaufnahme über eine streitige Hilfsaufrechnung besondere Kosten verursacht worden sind, können dies...