Gesetzestext

 

(1) 1Ist auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, durch welche die Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird, errichtet worden, so unterliegt der Anspruch des Berechtigten auf Beseitigung der Beeinträchtigung der Verjährung, auch wenn die Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. 2Mit der Verjährung des Anspruchs erlischt die Dienstbarkeit, soweit der Bestand der Anlage mit ihr in Widerspruch steht.

(2) Die Vorschrift des § 892 findet keine Anwendung.

 

Rn 1

Die Norm enthält zunächst eine Verjährungsregelung. Ansprüche auf Beseitigung von Anlagen, durch die eine Dienstbarkeit beeinträchtigt wird, können verjähren. Die Vorschrift gilt nicht nur für den in I 1 geregelten Spezialfall, sondern für alle Fälle des § 1027 (MüKo/Mohr § 1028 Rz 1 ff; Grüneberg/Herrler Rz 1). Der BGH sieht hierin eine Ausnahmebestimmung (BGHZ 187, 185 Rz 23). Andere Beseitigungs-, Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche werden von der Verjährungsregelung nicht erfasst (BeckOGK-BGB/Kazele § 1028 Rz 12). Der Anspruch des Berechtigten auf Beseitignung bzw Unterlassung der Beeinträchtigung des Rechts verjährt dann nicht, wenn es um die Verwirklichung des Rechts selbst und nicht nur um eine Störung in der Ausübung geht (BGHZ 187, 185 Rz 19). Die Verjährung richtet sich nach §§ 195, 199 I, IV, V (Hamm NJOZ 12, 2009); die Frist beträgt also regelmäßig drei Jahre, grds höchstens (§ 199 IV, V) zehn Jahre. Die Verjährung betrifft Ansprüche wegen einer Störung der Ausübung der Grunddienstbarkeit. Ist eine Anlage errichtet worden, unterliegt der Beseitigungsanspruch einer dreißigjährigen Verjährung, wenn die Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist (BGH NJW 14, 3780 [BGH 18.07.2014 - V ZR 151/13] Rz 13). Unerheblich ist, ob die störende Anlage vor oder nach Eintragung der Dienstbarkeit errichtet worden ist (Schlesw BeckRS 22, 9740). Unverjährbar (vgl § 902) ist der Anspruch auf Verwirklichung der Grunddienstbarkeit (BGHZ 187, 185 Rz 19; § 1027 Rn 2).

 

Rn 2

Bei dem in I 1 bezeichneten Beseitigungsanspruch eröffnet der Verjährungseintritt nicht nur die Einrede aus § 214 I, sondern bewirkt auch das in I 2 geregelte Erlöschen der Dienstbarkeit. Die Dienstbarkeit entfällt nur in dem Umfang, in dem ihre Ausübung durch die Anlage iSd § 1029 (vgl § 1020 Rn 2) beeinträchtigt wird (BayObLGZ 59, 478). Wird ein Fahr- und Wegerecht durch eine Mauer so beeinträchtigt, dass ein Befahren mit einem Auto ausgeschlossen, aber mit einem Fahrrad möglich ist, soll die Dienstbarkeit nur hinsichtlich des Befahrens mit dem Auto erlöschen (Schlesw BeckRS 22, 9740). Dies erscheint zu eng. Zumindest auszulegen ist, ob Befahren ein Befahren mit mehrspurigen Fahrzeugen meint (BGH NJW 14, 3780 [BGH 18.07.2014 - V ZR 151/13] Rz 7). Dazu muss die Ausübungsstelle bestimmt sein (Hamm NJOZ 16, 1833). Wenn dagegen ein durch die Grunddienstbarkeit gesichertes Bebauungsverbot das gesamte dienende Grundstück erfasst, dann erlischt die Dienstbarkeit insgesamt (Schlesw MDR 22, 694 [OLG Schleswig 22.03.2022 - 7 U 75/21]). Die Anlage muss nach Bestellung der Grunddienstbarkeit errichtet sein (BeckOGKBGB/Kazele § 1028 Rz 19). Das Erlöschen ist an den Verjährungseintritt als solchen geknüpft. Eine Einredeerhebung ist nicht erforderlich. Andere Fälle des § 1027, als der in I 1 geregelte, führen nicht zum Wegfall des Rechts. Die Regelung ist nicht abdingbar (BeckOGK-BGB/Kazele § 1028 Rz 12).

 

Rn 3

Nach II ist Gutglaubensschutz für einen Erwerber des herrschenden Grundstücks ausgeschlossen, wenn er in Unkenntnis der laufenden Frist oder des Erlöschens erwirbt. Auch nach Beseitigung der Anlage ist späterer Erwerber nicht geschützt (MüKo/Mohr § 1028 Rz 10; aA Grüneberg/Herrler Rz 2; Soergel/Stürner Rz 2), denn der Ausschluss des Erwerbers beruht nicht darauf, dass das Vorhandensein der Anlage das Vertrauen in den Grundbuchinhalt erschüttere, sondern auf dem Verwirkungsgedanken.

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