Gesetzestext

 

(1) Die elterliche Sorge erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist.

(2) Steht die Personensorge oder die Vermögenssorge einem Pfleger zu, so entscheidet das Familiengericht, falls sich die Eltern und der Pfleger in einer Angelegenheit nicht einigen können, die sowohl die Person als auch das Vermögen des Kindes betrifft.

(3) 1Geben die Eltern das Kind für längere Zeit in Familienpflege, so kann das Familiengericht auf Antrag der Eltern oder der Pflegeperson Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson übertragen. 2Für die Übertragung auf Antrag der Pflegeperson ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. 3Im Umfang der Übertragung hat die Pflegeperson die Rechte und Pflichten eines Pflegers.

A. Abs 1: Beschränkung der elterlichen Sorge durch Pflegerbestellung.

 

Rn 1

Ist dem Kind ein Pfleger bestellt, so wird die elterliche Sorge in dem Umfang der Bestellung verdrängt. Die Pflegerbestellung wirkt deshalb wie ein teilweiser Sorgerechtsentzug. Es handelt sich um eine Ergänzungspflegschaft gem § 1809 I. Wann ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist, wird in verschiedenen Vorschriften geregelt. Hauptanwendungsfälle sind § 1666 sowie die rechtliche Verhinderung der Eltern auf Grund Interessenkonflikts gem § 1629 II 1 und 3.

B. Abs 2: Konflikt zwischen Eltern und Pfleger.

 

Rn 2

Ein rechtlich relevanter Konflikt tritt auf, wenn in einer Angelegenheit, die Personen- und Vermögenssorge betrifft, Pfleger und Eltern, die jeweils für den einen oder anderen Teilbereich das Sorgerecht innehaben, unterschiedlicher Meinung sind. Für diesen Fall bestimmt II, dass das FamG den Streit zu entscheiden hat. Dabei ersetzt es die Zustimmung des oder der Sorgeberechtigten, dessen Meinung es nicht folgen will. Sind sich aber der Pfleger und ein Elternteil einig, so verfährt das FamG gem § 1628; einer Entscheidung gem § 1630 II bedarf es dann nicht.

 

Rn 3

Analog gilt II in allen Fällen, in denen Personen- und Vermögenssorge verschiedenen Personen zustehen und auch, wenn nur für einen Teilbereich der Personen- oder Vermögenssorge eine andere Person sorgeberechtigt ist. Voraussetzung ist aber, dass der Konflikt Personen- und Vermögenssorge betrifft. Deshalb soll keine analoge Anwendung in Betracht kommen, wenn der Konflikt innerhalb eines Teilbereichs besteht (RGZ 129, 18; Grüneberg/Götz § 1630 Rz 5; aA Staud/Peschel-Gutzeit § 1630 Rz 22).

 

Rn 4

Ein Anwendungsbsp ist der Konflikt über die Berufswahl – die ja grds der Personensorge unterliegt – wenn für die Ausbildung das Kindesvermögen herangezogen werden soll (vgl RGZ 129, 18; s Grüneberg/Götz § 1630 Rz 4). Dagegen ist die Verwendung des Kindesunterhalts ausschl eine Angelegenheit der Personensorge, weshalb II nicht eingreift.

C. Abs 3: Sorgerechtsübertragung bei Familienpflege.

 

Rn 5

Befindet sich das Kind mit Zustimmung der Eltern für längere Zeit in Familienpflege, wozu auch die Vollzeitpflege gem § 33 SGB VIII gehört, so kann das FamG auf Antrag der Eltern oder der Pflegeperson Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson übertragen. Voraussetzung ist aber die Zustimmung der Eltern. Es können einzelne Angelegenheiten, aber auch die gesamte elterliche Sorge übertragen werden (KG FamRZ 06, 1291, 1292; Celle FamRZ 17, 450; Ddorf FamRZ 20, 1180; AG Erfurt FamRZ 15, 59; Baer FamRZ 1982, 221, 229; MüKo/Huber § 1630 Rz 26; aA Jena FamRZ 09, 992, 993). Nehmen die Eltern oder der alleinsorgeberechtigte Elternteil den Antrag oder die Zustimmung zurück, ist die elterliche Sorge ohne Weiteres zurückzuübertragen (Celle FamRZ 11, 1664).

 

Rn 6

Gem III 3 hat die Pflegeperson durch die Übertragung die Rechte und Pflichten eines Ergänzungspflegers, wodurch die ordnungsgemäße Betreuung des Kindes erheblich vereinfacht wird. Daneben gilt § 1688, der jedoch im Bereich der Sorgerechtübertragung nach III subsidiär ist.

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