Gesetzestext

 

1Das Familiengericht kann das Annahmeverhältnis, das zu einem Volljährigen begründet worden ist, auf Antrag des Annehmenden und des Angenommenen aufheben, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. 2Im Übrigen kann das Annahmeverhältnis nur in sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des § 1760 Abs. 1 bis 5 aufgehoben werden. 3An die Stelle der Einwilligung des Kindes tritt der Antrag des Anzunehmenden.

 

Rn 1

Der Anwendungsbereich der Norm ist beschränkt auf Fälle der Volljährigenadoption. Nach allgM kann die Norm weder unmittelbar noch im Wege der verfassungskonformen Auslegung oder analog auf Volljährige angewendet werden, die zum Zeitpunkt der Annahme minderjährig waren (BGH FamRZ 14, 930).

 

Rn 1a

Das Gesetz unterscheidet die Aufhebung aus wichtigem Grund (S 1) und die Aufhebung aufgrund von Willensmängeln (S 2 und 3), die auch auf einseitigen Antrag möglich ist (BeckOGK/Löhnig, 1.4.21, BGB § 1771 Rz 25).

 

Rn 1b

Eine Aufhebung kommt zunächst in Betracht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Ein solcher ist zu bejahen, wenn für den Annehmenden oder Angenommenen ein Fortbestand der Annahme unzumutbar geworden ist, falls also eine dem Eltern-Kind-Verhältnis entspr emotionale Beziehung nicht entstehen kann (Stuttg NJW-RR 10, 1231 [OLG Stuttgart 16.03.2010 - 15 UF 36/10]). In Abweichung von der Minderjährigenadoption bedarf diese Aufhebung bei Volljährigen eines Antrags sowohl des Annehmenden als auch des Angenommenen (BGH NJW 88, 1139 [BGH 16.12.1987 - IVb ZB 68/87]).

 

Rn 1c

Soweit § 1771 2 auf § 1760 I verweist, kommt eine Aufhebung mangels Einwilligung der Eltern nicht in Betracht, da diese für eine Erwachsenenadoption unerheblich ist. Auch der Verweis auf die Möglichkeit der Nachholung der elterlichen Einwilligung nach § 1760 V ist offensichtlich gegenstandslos.

 

Rn 2

Als weitere Aufhebungsgründe sind die Erklärungsmängel des § 1760 II entspr auf die Aufhebung anzuwenden. Mangels einer Einwilligung des Kindes bei der Volljährigenadoption tritt nach § 1771 S 3 an deren Stelle der Antrag des Anzunehmenden.

 

Rn 2a

Zwar bestimmt die Vorschrift insgesamt keine eigenen Fristen, jedoch ist aufgrund der Verweisung des § 1767 II auch die Frist nach § 1762 II zu beachten (München NJOZ 2007, 2423, 2425). Ab Kenntnis des wichtigen Grundes oder der Mängel nach § 1760 muss der Antrag binnen Jahresfrist wirksam gestellt werden und ist unzulässig, wenn die Annahme länger als drei Jahre zurückliegt.

 

Rn 3

Neben den gesetzlich geregelten Aufhebungsgründen des § 1771 kommt in besonders schweren Fällen auch eine gesetzlich nicht normierte Nichtigkeit der Annahme in Betracht, etwa dann, wenn der Ausspruch der Annahme jeglicher rechtlicher Grundlage entbehrt oder eine vom Gesetz nicht vorgesehene Rechtsfolge beinhaltet. Die normierten Aufhebungsgründe des § 1760 II, auf die § 1771 S 2 verweist, können gerade nicht als Nichtigkeitsgründe angesehen werden (Oldbg FamRZ 19, 903).

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