Gesetzestext

 

(1) 1Der Erbe ist verpflichtet, Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit des Todes des Erblassers zu dessen Hausstand gehören und von ihm Unterhalt bezogen haben, in den ersten 30 Tagen nach dem Eintritt des Erbfalls in demselben Umfang, wie der Erblasser es getan hat, Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. 2Der Erblasser kann durch letztwillige Verfügung eine abweichende Anordnung treffen.

(2) Die Vorschriften über Vermächtnisse finden entsprechende Anwendung.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Der Dreißigste soll es dem Berechtigten ermöglichen, seine Lebensführung in der Haus- und Familiengemeinschaft des Erblassers ohne Überstürzung umzustellen, weshalb es uU geboten sein kann, von der nur unmittelbar nach dem Tod möglichen Kündigung des Mietverhältnisses abzusehen (Staud/Kunz § 1969 Rz 10).

B. Anspruchsberechtigter.

 

Rn 2

Anspruchsberechtigt sind die Familienangehörigen des Erblassers, die zum Hausstand iSd § 1619 gehörten (vgl § 1619 Rn 2). Zum Kreis der Antragsberechtigten zählen neben dem Ehegatten auch der eingetragene Lebenspartner (§ 11 I LPartG), der mit dem Erblasser zusammenlebende nichteheliche Lebenspartner (str; so: Ddorf NJW 83, 1566 [OLG Düsseldorf 14.12.1982 - 21 U 120/82]; aA Steinert NJW 86, 686) Verwandte und Verschwägerte gleich welchen Grades und die Pflegekinder.

C. Anspruchsinhalt.

 

Rn 3

Der Unterhalt ist im bisherigen Umfang zu gewähren (BRHP/Lohmann § 1969 Rz 4). Die Höhe des Unterhaltsanspruchs bemisst sich, entgegen der Regelung in § 1610 I, nicht nach der Lebensstellung des Bedürftigen (van Venrooy, MDR 10, 1030). Die Nutzung der Wohnung im bisherigen Umfang bedeutet auch, dass der Berechtigte diese ungehindert und unter Ausschluss der Erben nutzen kann, dem Berechtigten steht mithin ein Besitzschutz zu, weil nur so die bisherige Lebensführung aufrecht erhalten werden kann (aM AG Rheinbach ZEV 13, 682 [AG Rheinbach 24.10.2012 - 3 C 386/12]; wie hier Eberhardt/Ernsperger ZEV 13, 653). Durch eine Haushaltsauflösung vor Ablauf der Frist entsteht der Anspruch in Geld. Er ist weder übertragbar noch pfändbar (§§ 399, 400) und unterliegt damit dem Aufrechnungsverbot des § 394 und dem Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts nach § 273. Der Erbe kann aber die Haftung beschränken, wobei der Anspruch vom Aufgebot nicht betroffen wird, § 1972 (Grüneberg/Weidlich § 1969 Rz 2). Der Erbe kann sein Besitzrecht aus § 857 in der Frist des § 1969 nicht ausüben (KG MDR 20, 736 [KG Berlin 02.03.2020 - 20 U 149/18]).

 

Rn 4

Einstweilige Verfügungen sind grds zulässig; wird der Anspruch vor Annahme der Erbschaft erhoben, ist wegen der §§ 1958, 1960 III die Bestellung eines Nachlasspflegers erforderlich.

 

Rn 5

Der Erblasser kann den Anspruch auf den Dreißigsten durch eine letztwillige Verfügung ausschließen, herabsetzen oder erhöhen, dann handelt es sich um ein reines Vermächtnis (Grüneberg/Weidlich § 1969 Rz 1).

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