Gesetzestext

 

1Beruht die Überschuldung des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen, so ist der Erbe, auch wenn die Voraussetzungen des § 1990 nicht vorliegen, berechtigt, die Berichtigung dieser Verbindlichkeiten nach den Vorschriften der §§ 1990, 1991 zu bewirken. 2Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlassgegenstände durch Zahlung des Wertes abwenden.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschrift soll die Durchführung einer Nachlassinsolvenz dort vermeiden, wo diese nur deshalb erforderlich wäre, weil sie auf die Anordnungen des Erblassers zurückzuführen wäre, was idR nicht seinem Willen entsprechen würde. Der Erbe kann die Herbeiführung der Haftungsbeschränkung nach den §§ 1990, 1991 hier auch dann herbeiführen, wenn eine die Kosten des Insolvenzverfahrens deckende Masse existiert (MüKo/Küpper § 1992 Rz 1). Der Erbe darf sein Recht zur Haftungsbeschränkung nach § 2013 noch nicht ggü sämtlichen Gläubigern verloren haben. § 1992 beseitigt nicht die Befugnis, nach § 317 InsO Insolvenzantrag zu stellen.

B. Überschwerung.

 

Rn 2

Der Erbe haftet den Vermächtnisnehmern (auch Quotenvermächtnis, BGH ZEV 2011, 189) und Auflagenberechtigten ggü nicht, solange der Nachlass zu ihrer Befriedigung nicht ausreicht. Ist der Nachlass auch ohne Vermächtnisse und Auflagen überschuldet, ist § 1992 nicht anwendbar (München ZEV 98, 100; str). Haftet der Erbe nicht bereits allgemein unbeschränkbar und reicht der Nachlass zur Befriedigung dieser letztrangigen Gläubiger nicht aus, trifft den Erben keine Haftung. Nicht erfasst werden den Nachlass beschwerende Pflichtteilsrechte, da sie einen aktiven Nachlassbestand zum Zeitpunkt des Erbfalls voraussetzen (Staud/Dobler § 1992 Rz 6).

C. Einredeberechtigte.

 

Rn 3

Das Recht, die Überschwerungseinrede zu erheben, steht neben dem Erben auch dem Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter, Nachlasspfleger (Staud/Dobler § 1992 Rz 15) sowie dem Erbteilserwerber und dem Hauptvermächtnisnehmer zu, wenn er mit einem Untervermächtnis/-auflage überschwert wurde (NK-BGB/Krug § 1992 Rz 8).

D. Rechtsfolgen.

 

Rn 4

Die Rechtsfolgen der erhobenen Einrede ergeben sich aus den §§ 1990, 1991, wobei im Gegensatz zu § 1990 ein sog Abfindungsrecht besteht, wonach die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlassgegenstände durch Zahlung des Wertes abgewendet werden kann. Maßgebend ist der Verkehrswert im Zeitpunkt der Erhebung der Einrede (Soergel/Magnus § 1992 Rz 5).

 

Rn 5

Liegen die Voraussetzungen des § 1990 vor, kann der Erbe die Vermächtnisse und Auflagen nach §§ 1990, 1991 berichtigen; dies gilt auch, wenn die Voraussetzungen des § 1990 nicht vorliegen (BRHP/Lohmann § 1992 Rz 6). Die im Nachlassinsolvenzverfahren vorgesehene Reihenfolge ist einzuhalten, § 1991 IV mit § 329 InsO.

 

Rn 6

Darüber hinaus gewährt ihm 2 im Falle eines Urteils auf Duldung der Zwangsvollstreckung in einen bestimmten Nachlassgegenstand das Recht, die Zwangsvollstreckung durch Zahlung des Gegenstandswertes abzuwenden. Wurde ein bestimmter Gegenstand vermacht, verwandelt sich der Vermächtnisanspruch durch das Erheben der Einrede in einen gekürzten Geldanspruch. Allerdings kann der Vermächtnisnehmer gegen Einzahlung eines den Kürzungsbetrag entspr Geldbetrages in den Nachlass den Gegenstand in Natur verlangen (BGH NJW 64, 2298 [BGH 29.05.1964 - V ZR 47/62]). Beim Erlass einer Schuld gehört die Forderung anteilig zum Nachlass, soweit sie zur Deckung vorrangiger/gleichrangiger Gläubiger erforderlich ist (Grüneberg/Weidlich § 1992 Rz 3).

 

Rn 7

Obgleich es sich bei § 1992 nicht um Erblasserschulden handelt, muss der Erbe im Prozess den Vorbehalt der §§ 780, 781 ZPO erklären (BGH NJW 64, 2298). Das Prozessgericht kann, wird die Einrede erhoben, den Haftungsumfang sachlich aufklären und sodann entscheiden oder sich mit dem Vorbehalt der Haftungsbeschränkung im Urt begnügen und die sachliche Prüfung dem Vollstreckungsgericht überlassen (BGH NJW 64, 2298 [BGH 29.05.1964 - V ZR 47/62]).

E. Aufrechnung.

 

Rn 8

Gegen eine eigene Forderung des Erben kann nicht mit einem Vermächtnisanspruch aufgerechnet werden, wohl aber gegen eine Nachlassforderung gem §§ 94 ff InsO analog (Grüneberg/Weidlich § 1992 Rz 4). Die Aufrechnungsmöglichkeit besteht nicht, wenn der Nachlass von Anfang an überschuldet war (MüKo/Küpper § 1992 Rz 8). Reicht dadurch der Nachlass zur Befriedigung der übrigen Nachlassgläubiger nicht, muss der Erbe die Unzulänglichkeitseinrede nach § 1990 erheben oder, bei ausreichender Masse, Nachlassinsolvenz beantragen.

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