Gesetzestext

 

Hat der Erblasser seine Kinder ohne nähere Bestimmung bedacht und ist ein Kind vor der Errichtung des Testaments mit Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an die Stelle des Kindes treten würden.

 

Rn 1

Die Auslegungsregel (Stuttg NJW-RR 22, 1045 [OLG Saarbrücken 02.03.2022 - 5 U 64/21]) greift ein, wenn der Erblasser wörtlich oder sinngemäß seine ›Kinder‹ iSd § 1924 IV, dh seine sämtlichen leiblichen, also ehelichen und außerehelichen (iSd § 1592 Nr 2 und 3) Kinder und Adoptivkinder (BayObLG FamRZ 85, 426) bedacht hat (BayObLG NJW 74, 954) und eines der Kinder bereits vor Errichtung der letztwilligen Verfügung gestorben ist. Dabei schadet es nicht, wenn einzelne Kinder ausdrücklich ausgenommen oder nur bestimmte Kinder (›A und B‹, ›meine Söhne‹) benannt werden. Bei Tod des Kindes nach Errichtung gilt hingegen § 2069, bei Erbverzicht des Kindes § 2349.

 

Rn 2

Die Regel kann auf die Einsetzung der Kinder eines Dritten analog angewendet werden, weil sie sich nicht auf die Erbenstellung der Abkömmlinge überhaupt, sondern lediglich auf deren Erbquote bezieht und die Situation deshalb mit der Erbeinsetzung eigener Kinder vergleichbar ist (MüKo/Leipold § 2068 Rz 5; aA KG FamRZ 91, 486, 489).

 

Rn 3

§ 2068 hilft über eine fehlende Bestimmung der Höhe der Anteile hinweg. Infolge der Anwendung des § 2068 treten die Abkömmlinge eines vorverstorbenen Kindes nach § 1924 II–IV an dessen Stelle (vgl BGHZ 33, 60, 63). Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Erbfalls, denn § 2066 2 gilt mangels Verweisung in § 2068 nicht. Stirbt das Kind ohne Hinterlassung von Abkömmlingen, so gilt § 2094.

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