Gesetzestext

 

1Der Vorerbe hat im Verhältnis zu dem Nacherben nicht die außerordentlichen Lasten zu tragen, die als auf den Stammwert der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind. 2Auf diese Lasten findet die Vorschrift des § 2124 Abs. 2 Anwendung.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

Die Vorschriften regeln den Ersatz von Verwendungen des Vorerben auf den Nachlass im Innenverhältnis zum Nacherben. Sie unterscheiden zwischen

  • gewöhnlichen Erhaltungskosten; sie trägt der Vorerbe (§ 2124 I);
  • anderen Aufwendungen, die der Vorerbe zwecks Erhaltung von Nachlassgegenständen für erforderlich halten durfte; sie trägt der Nachlass; hat der Vorerbe sie aus seinem eigenen Vermögen bestritten, so hat er beim Nacherbfall einen Erstattungsanspruch gegen den Nachlass (§ 2124 II);
  • Aufwendungen für außerordentliche Lasten, die als auf den Stammwert des Nachlassgegenstandes gelegt anzusehen sind; für sie gilt dasselbe (§ 2126);
  • allen anderen Verwendungen; sie trägt zunächst der Vorerbe, doch hat er im Nacherbfall einen Ersatzanspruch gegen den Nacherben nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 2125 I).
 

Rn 2

Befreiung des Vorerben ist nicht möglich (§ 2136). Der Erblasser kann ihm aber ein entspr Vermächtnis zuwenden oder ihn von der Ersatzpflicht aus §§ 2130, 2134 befreien.

 

Rn 3

Im Außenverhältnis zu den Nachlassgläubigern ist bis zum Nacherbfall der Vorerbe verpflichtet. Danach haftet er weiter iRv § 2145.

 

Rn 4

In jedem Fall trägt der Vorerbe die Kosten der Fruchtziehung (§ 102; BGH NJW-RR 86, 1069 [BGH 14.05.1986 - IVa ZR 100/84] und ZEV 04, 425, 426 [BGH 07.07.2004 - IV ZR 140/03]).

B. Gewöhnliche Erhaltungskosten.

 

Rn 5

Diese trägt der Vorerbe gem § 2124 I. Es sind die Kosten, die nach den rechtlichen und wirtschaftlichen Umständen des Nachlasses regelmäßig aufgewendet werden müssen, um ihn in seinen Beständen rechtlich und tatsächlich zu erhalten (BGH NJW 93, 3198 [BGH 07.07.1993 - IV ZR 90/92]). Im Einzelnen handelt es sich um

  • Aufwendungen für die Erhaltung der einzelnen Nachlassgegenstände in ihrem Bestand einschließlich Ausbesserungen und Erneuerungen (§ 1041, auch §§ 582 und 601); in Zweifelsfällen kann Indiz für die Abgrenzung sein, ob sie aus den Nutzungen eines Jahres bestritten werden können;
  • wiederkehrende privatrechtliche Leistungen und öffentliche Abgaben auf den Nachlassgegenstand, etwa Grund- und Kfz-Steuer, Zinsen für Nachlassverbindlichkeiten (auch Grundschuld- und Hypothekenzinsen, BGH ZEV 04, 425, 426 [BGH 07.07.2004 - IV ZR 140/03]), übliche Versicherungsprämien (RGRK/Johannsen § 2124 Rz 1).
 

Rn 6

Bei Betrieben werden vielfach die laufenden Ausgaben für Personal, ja sogar für Rohstoffe (Düngemittel: BGH WM 73, 361) und Produktionsmittel dazu gerechnet. Es kann aber nicht richtig sein, dass der Vorerbe all dies aus seinem Eigenvermögen bestreiten muss, die betrieblichen Erlöse aber in den Nachlass fließen. Richtigerweise mindern betriebliche Aufwendungen den Gewinn, der dem Vorerben als Nutzung gebührt (MüKo/Lieder § 2124 Rz 5; BRHP/Litzenburger § 2124 Rz 2); wirtschaftet der Vorerbe mit Verlusten, so ist er iRv § 2130 ersatzpflichtig (MüKo/Lieder aaO).

C. Andere Erhaltungskosten.

 

Rn 7

Andere als die gewöhnlichen Erhaltungskosten gehen letztlich zu Lasten des Nachlasses, wenn der Vorerbe sie den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§ 2124 II). Sie führen idR zu einem Wertzuwachs, der später auch dem Nacherben zugutekommt.

 

Rn 8

Es handelt sich um Aufwendungen mit langfristig Wert steigernder Wirkung (BGH NJW 93, 3198 f), etwa für die außergewöhnliche Ausbesserung und Erneuerung von Nachlassgegenständen (§§ 1042, 1043), insb für Rationalisierung und Modernisierung (Einbau einer modernen Heizung: BGHZ 52, 234, 236 und BGH NJW 93, 3198 f; Isolierverglasung des ganzen Hauses: BGH NJW 93, 3198 f) oder für den Wiederaufbau eines zerstörten Hauses (Soergel/Harder/Wegmann § 2124 Rz 5).

 

Rn 9

Ob der Vorerbe die Aufwendungen für erforderlich halten durfte, beurteilt sich nach dessen gutgläubig ausgeübtem Ermessen (§ 670; MüKo/Lieder § 2124 Rz 10). Er ist nicht von vornherein an größeren Maßnahmen nur deshalb gehindert, weil der Nacherbfall kurz bevorsteht. Nicht entscheidend ist (anders als unten bei Rn 16), ob die Aufwendungen dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Nacherben entspr.

 

Rn 10

Der Vorerbe kann die Aufwendungen aus dem Stamm der Nacherbschaft bestreiten, also dafür einen Nachlassgegenstand veräußern; dem muss der Nacherbe unter den Voraussetzungen des § 2120 zustimmen. Erst recht kann er die Mittel schon vor dem Nacherbfall dem Nachlass entnehmen, wenn dies im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung ohne Veräußerung von Nachlassgegenständen möglich ist.

 

Rn 11

Hat der Vorerbe die Kosten aus seinem eigenen Vermögen bestritten (auch aus den ihm gebührenden Nutzungen der Vorerbschaft), so hat er einen Ersatzanspruch gegen den Nachlass. Dieser entsteht aber erst mit dem Nacherbfall und ist auch erst von da an verzinslich; er ist Nachlassverbindlichkeit. Er hängt nicht davon ab, ob der Nacherbe den Nachlassgegenstand, für den die Verwendungen vorgenommen worden sind, auch tatsächlich erlang...

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