Gesetzestext

 

1Der Vorerbe ist auch nach dem Eintritt des Falles der Nacherbfolge zur Verfügung über Nachlassgegenstände in dem gleichen Umfang wie vorher berechtigt, bis er von dem Eintritt Kenntnis erlangt oder ihn kennen muss.

2Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts den Eintritt kennt oder kennen muss.

A. Fortbestehendes Verfügungsrecht des Vorerben.

 

Rn 1

Die Vorschrift gibt dem Vorerben ein Verfügungsrecht über den Nachlass auch nach dem Eintritt der Nacherbfolge. Er bleibt in gleicher Weise wie bis dahin verfügungsbefugt, also mit allen Beschränkungen und evtl bestehenden Befreiungen. Voraussetzung ist, dass er den Eintritt des Nacherbfalls weder kennt noch kennen muss (§ 122 II, so dass schon einfache Fahrlässigkeit schadet).

B. Umfang.

 

Rn 2

Die Vorschrift deckt Verfügungen aller Art, auch solche über Forderungen und andere Rechte, und gilt analog für den Abschluss schuldrechtlicher Verträge. Insoweit dauert auch die Verantwortung des Vorerben für die Verwaltung des Nachlasses fort. Die Verpflichtung aus solchen Verträgen trifft den Vorerben, doch ist der Nacherbe zu dessen Befreiung verpflichtet, wenn das Rechtsgeschäft der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entspricht.

C. Schutz des guten Glaubens.

 

Rn 3

Der Erwerber kann sich auf die Verfügungsmacht des Vorerben nicht berufen, wenn er seinerseits bei Vornahme des Rechtsgeschäfts den Eintritt des Nacherbfalls kennt oder kennen muss (§ 2140 2). Auch hier schadet schon leichte Fahrlässigkeit. Auch diese Vorschrift bezieht den Erwerb von Forderungen oder sonstigen Rechten ein. Der böse Glaube des Erwerbers schadet aber nur diesem und macht den Erwerb unwirksam. Er schadet nicht dem gutgläubigen Vorerben, soweit es um dessen Verantwortung ggü dem Nacherben geht (Staud/Avenarius § 2140 Rz 9).

 

Rn 4

Für den Schutz des Schuldners bei Forderungen und sonstigen Rechten gelten die §§ 406 bis 408 analog, doch schadet ihm nach dem Rechtsgedanken des § 2140 2 auch schon leicht fahrlässige Unkenntnis vom Eintritt des Nacherbfalls (KG ZEV 03, 110 [KG Berlin 21.11.2001 - 23 U 9309/99]).

D. Informationsrecht des Erwerbers.

 

Rn 5

Der Erwerber kann sich unterrichten, in dem er beim Nachlassgericht feststellt, ob der Nacherbfall angezeigt worden ist (§ 2146 II).

E. Beweislast.

 

Rn 6

Die Beweislast ist umstr. Nach Soergel/Harder/Wegmann (§ 2140 Rz 2) hat, wer sich auf die Unwirksamkeit eines Rechtserwerbs vom Vorerben beruft, die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Vorerben oder des Dritten zu beweisen. Nach Staud/Avenarius (§ 2140 Rz 3) muss hingegen der Vorerbe, der sich ggü dem Nacherben auf die Wirksamkeit seiner Verfügung beruft, seinen guten Glauben beweisen.

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