Gesetzestext

 

(1) Der Nacherbe kann die Erbschaft ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist.

(2) Schlägt der Nacherbe die Erbschaft aus, so verbleibt sie dem Vorerben, soweit nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.

A. Ausschlagung der Erbschaft durch den Nacherben.

 

Rn 1

Die Vorschrift regelt diese dahin, dass sie schon zwischen Erbfall und Nacherbfall möglich ist. Dies gilt auch dann, wenn der Nacherbe nur unter einer weiteren Bedingung oder Befristung eingesetzt ist. Der Nacherbe ist aber nicht gezwungen, die Ausschlagung schon in diesem Stadium zu erklären. Es kann vielmehr bis zur Kenntnis vom Eintritt des Nacherbfalls warten, mit der für ihn die Ausschlagungsfrist des § 1944 II beginnt. Die bloße Kenntnis vom Inhalt des Testaments, etwa im Erbscheinsverfahren des Vorerben erlangt, setzt diese Frist nicht in Lauf (München ZEV 11, 318 [OLG München 02.12.2010 - 31 Wx 067/10]).

 

Rn 2

Vernünftigerweise kann der Nacherbe die Erbschaft auch schon zwischen Erbfall und Nacherbfall annehmen (§ 1946), auch konkludent. In der Veräußerung oder Verpfändung seines Anwartschaftsrechts liegt idR die Annahme. In der Wahrnehmung der Nacherbenrechte aus §§ 2116 ff, 2127, 2120 liegt sie idR nicht (RGZ 80, 385). Pfändung und Insolvenz beschränken das Annahme- und Ausschlagungsrecht des Nacherben nicht (vgl § 83 I 1 InsO; BGH NJW 97, 2384 [BGH 06.05.1997 - IX ZR 147/96]). Es unterliegt auch nicht der Testamentsvollstreckung, nicht einmal im Fall des § 2222.

 

Rn 3

Stirbt der Nacherbe nach dem Nacherbfall, so gehen Annahme- und Ausschlagungsrecht auf seine Erben über (§ 1952).

B. Zeitpunkt.

 

Rn 4

Umstritten ist, ob die Ausschlagungsfrist auch dann spätestens ab Kenntnis vom Nacherbfall läuft, wenn der Nacherbe nach § 2306 II iVm I 1. Hs 1 zwecks Erlangung des Pflichtteils ausschlagen will. Hier wird vertreten, dass der Nacherbe auch die Tatsachen erkennen muss, die er braucht, um den Wert von Erb- und Pflichtteil einschätzen zu können (FAKomm/Lindner § 2142 Rz 5). Andererseits kann der Nacherbe zur Ausschlagung schon weit früher genötigt sein, weil die Verjährung der Pflichtteilsansprüche droht; hierfür läuft nach § 2332 I eine Frist von drei Jahren ab Kenntnis vom Erbfall (nicht: vom Nacherbfall).

C. Rechtsfolgen.

 

Rn 5

Schlägt der Nacherbe aus, so wird die Nacherbfolge insoweit hinfällig. Es tritt Anwachsung bei den anderen Mitnacherben (§ 2094), Anfall beim Ersatznacherben (§ 2096) oder Ersatzberufung der Abkömmlinge des Nacherben (§ 2069) ein. Liegt keiner dieser Fälle vor, so verbleibt der Nachlass dem Vorerben als Vollerben (§ 2142 II).

 

Rn 6

Dies alles ist der Modifikation durch die Verfügung vTw zugänglich. So kann deren Auslegung ergeben, dass der Nachlass keinesfalls dem Vorerben anfallen soll, seine Beschränkung durch die Nacherbschaft vielmehr ›absolut gewollt‹ ist; dann treten die gesetzlichen Erben des Nacherben ein. Schlägt ein als Nacherbe berufener Abkömmling aus, um den Pflichtteil zu erlangen, so stellt es idR eine vom Erblasser ungewollte Bevorzugung des Stammes dieses Abkömmlings dar, nunmehr neben der Zahlung des Pflichtteils an ihn auch noch seine Abkömmlinge gem § 2069 als zu Nacherben berufen anzusehen (BGHZ 33, 60, 64). Sie sind deshalb im Zweifel von der Erbfolge ausgeschlossen (München ZErb 06, 383).

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