Rn 1

Wer Erbe ist, hat grds keinen Pflichtteilsanspruch (§ 2303 I). Der Pflichtteilsberechtigte muss aber davor geschützt sein, als Erbe aufgrund der in I genannten Lasten schlechter zu stehen, als wenn er enterbt wäre und einen (dann auf Geld gerichteten) Pflichtteilsanspruch hätte. Das ermöglicht § 2306: Nach § 2306 I aF konnte der Erbe ausschlagen und den Pflichtteil dann verlangen, wenn der zugedachte Erbteil größer als die Hälfte des gesetzlichen war. Wenn die Höhe des hinterlassenen, aber beschwerten Erbteils die Hälfte des gesetzlichen nicht überstieg, schützte das G, indem jede Beschränkung und Beschwerung automatisch kraft Gesetzes entfiel (§ 2306 I 1 aF); ergänzend griff § 2305. Schlug der Erbe gleichwohl aus, verlor er den Pflichtteilsanspruch, da er sich selbst von der Erbfolge ausschloss. Nach § 2306 in der für Erbfälle seit dem 1.1.10 (Art 229 § 23 IV EGBGB) geltenden Fassung hat der Erbe generell die Wahl, aus welchen Gründen auch immer (BGH 30.11.22 – IV ZR 60/22 Rz 34) die belastete Erbschaft anzunehmen oder sie auszuschlagen und den Pflichtteil zu verlangen (Rn 6 ff). Unabhängig von der Höhe seines Erbteils darf er die ihm wirtschaftlich günstigere Alternative wählen (taktische Ausschlagung; dazu Siebert ZEV 10, 454). Das Risiko des Erblassers hat sich dahin verlagert es richtig einzuschätzen, ob ihm der Erbteil mit Lasten weniger Wert ist als seine Pflichtteilsforderung. Lässt der Erbe die kurze Ausschlagungsfrist verstreichen, bleibt ihm ggf die Annahme anzufechten (Rn 10).

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