Rn 3

Er muss zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung bestehen, darf bis dahin also nicht verziehen sein. In der Verfügung, nicht nur in Anlagen (BGH NJW 85, 1554 [BGH 27.02.1985 - IVa ZR 136/83]), muss eine hinreichend substanzielle, gerichtlich überprüfbare Tatsachengrundlage (Kernsachverhalt) angegeben sein (Saarbr NJW 18, 957 [OLG Saarbrücken 12.12.2017 - 5 W 53/17] Rz 22). II soll der späteren Beweisbarkeit der tatsächlichen Motivation des Erblassers dienen. Daher muss der Erblasser sich auf bestimmte konkrete Vorgänge unverwechselbar festlegen und den Kreis der in Betracht kommenden Vorfälle praktisch brauchbar eingrenzen (BGH aaO; Hamm NJW-RR 07, 1235, 1237 [OLG Hamm 22.02.2007 - 10 U 111/06]). Die Wiederholung des Gesetzeswortlauts reicht, auch bei schweren Straftaten des Berechtigten, nicht aus. Im Fall der Entziehung nach § 2333 I Nr 4 muss der der Straftat zugrunde liegende Lebenssachverhalt und zudem der Grund für die Unzumutbarkeit mittels konkretisierender Umstände in der Verfügung selbst angegeben werden (II 2; großzügig LG Stuttgart NJW-RR 12, 778, 779: bei Vergewaltigung).

Daher ist ratsam, dass der Erblasser auch bei schweren Straftaten des Berechtigten in der Verfügung vTw konkret darlegt, worin der die Unzumutbarkeit begründende Verstoß gegen die Familiensolidarität liegt, wenn auch die Darlegung im Einzelfall desto knapper erfolgen kann, je schwerwiegender die Tat ist. Immer muss ein Kernsachverhalt (BGH aaO), eine sachverhaltsmäßige Konkretisierung des Entziehungsgrundes (und ggf der Unzumutbarkeit) im Testament angegeben sein (Köln ZEV 96, 430; 98, 144). Seine Ermittlung durch unsichere Auslegung genügt nicht. Wegen des außerordentlichen Gewichts und des demütigenden Charakters der Entziehung ist der Erblasser auch in förmlicher Hinsicht zu verantwortlichem Testieren angehalten (Frankf ZFE 05, 295). Die Anforderungen an die Konkretisierung des Pflichtteilsentziehungsgrundes sind verfassungsgemäß. Sie schützen das Pflichtteilsrecht der Kinder hinreichend und sind dem Erblasser zumutbar (BVerfG NJW 05, 2691 [BVerfG 11.05.2005 - 1 BvR 62/00]), dürfen aber nicht überspannt werden (Mayer ZEV 10, 2, 5; auch BGH ZEV 11, 370 f [BGH 13.04.2011 - IV ZR 102/09]).

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