Rn 10

Die freie Entscheidung von Verein und Mitglied über Ein- und Austritt bzw Aufnahme gehört zu den Grundprinzipien des Vereinsrechts und ist Voraussetzung funktionierenden Wettbewerbs im Vereinswesen. Selbst wenn der Bewerber um die Mitgliedschaft alle satzungsgemäßen Voraussetzungen der Mitgliedschaft erfüllt, besteht kein Aufnahmezwang, wenn sich der Verein nicht satzungsmäßig oder einzelvertraglich gebunden hat. Eine Aufnahmepflicht kommt nur dort in Betracht, wo es keinen funktionierenden Wettbewerb gibt (Monopolverband). Daher besteht ein kartellrechtlicher Aufnahmeanspruch nach §§ 1004, 823 II iVm § 20 V GWB, wonach Wirtschafts- und Berufsvereinigungen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen dürfen, wenn die Ablehnung zu einer sachlich nicht gerechtfertigten ungleichen Behandlung oder zu unbilliger Benachteiligung im Wettbewerb führt (BGH NJW 95, 462). Daher ist das bei Sportverbänden übliche Ein-Platz-Prinzip nur zulässig, wenn es diskriminierungsfrei ausgestaltet ist (München ZStV 19, 218).

 

Rn 11

Aus § 20 V GWB folgt mit dem Rechtsgedanken des § 826 zudem ein allg Aufnahmeanspruch, wenn der Verein im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine überragende Machtstellung besitzt und ein wesentliches oder grundlegendes Interesse an dem Erwerb der Mitgliedschaft vorliegt (BGH NJW 99, 1326; 97, 3338; näher Schöpflin ZStV 14, 166, 167 f), das folgt aber nicht schon aus vergünstigtem Eintritt zu Bundesligaspielen (LG Bremen NJW-RR 13, 1125 [OLG München 10.07.2013 - 31 Wx 131/13]). Anspruch auf Aufnahme besteht, wenn nach Interessenabwägung die Zurückweisung des Bewerbers unbillig erscheint. Diese Kriterien ergeben sich mittelbar aus Art 9 I GG (BGH NJW 99, 1326). Erforderlich ist, dass der Aufnahmekandidat die satzungsgemäßen Beitrittsvoraussetzungen erfüllt, insbes wenn ihm das zumutbar ist. Dem Verein soll unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zuzumuten sein, seine Satzung zu ändern, um die Aufnahme zu ermöglichen (BGHZ 63, 282, 286, 292 f); ein solcher Eingriff in die Vereinsautonomie ist aber nur in Extremfällen gerechtfertigt. Satzungsgemäße vereinsinterne Rechtsbehelfe gegen die Ablehnung des Aufnahmeantrags sind auszuschöpfen, ehe staatliche Gerichte bemüht werden (BGHZ 47, 172, 174). Eine einstweilige Verfügung darf zwar keine vorläufige Mitgliedschaft begründen (aA Ddorf NJW-RR 98, 328 [OLG Düsseldorf 26.09.1997 - I-22 U 52/97]), der Bewerber kann aber unter strenger Wahrung der Verhältnismäßigkeit einstweilen in die dringlichsten Rechte und Pflichten eines Vereinsmitglieds eingewiesen werden. Erbringt ein Monopolverband Leistungen an Nichtmitglieder, muss er dies ggü allen, die die Voraussetzungen erfüllen (BGH NZG 15, 1282 [BGH 13.10.2015 - II ZR 23/14] Rz 22).

 

Rn 12

Das AGG untersagt in §§ 2 I Nr 4, 18 Benachteiligungen in Bezug auf die Mitgliedschaft und Mitwirkung in Arbeitnehmer-, Arbeitgeber- und Berufsvereinigungen. Aus den in § 1 AGG genannten Gründen darf die Mitgliedschaft nicht verweigert werden. Für sonstige Vereine kommt nur das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot nach § 19 I Nr 1 AGG in Betracht, das aber die Benachteiligung aus Gründen der Weltanschauung nicht erfasst und nur für Massengeschäfte gilt. Der Erwerb der Vereinsmitgliedschaft begründet ein besonderes personenbezogenes Näheverhältnis zum eV. Damit scheidet § 19 AGG nach § 19 V AGG aus. Da der Vorstand über die Aufnahme idR individuell entscheidet, fehlt ein Massengeschäft – anders nur bei Massen-eVs, bei denen die Mitgliedschaft hinter dem Dienstleistungscharakter zurücktritt (zB beim ADAC). In jedem Fall ist Art 9 I GG zu respektieren, zB darf ein türkischer Kulturverein die Aufnahme von Deutschen ablehnen (zum Ganzen Schöpflin ZStV 14, 166, 167 f; Mü-GesR/Schöpflin Bd V § 32 Rz 19 ff).

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