Rn 1

Die ROM II-VO gleicht einen großen Teil des Kollisionsrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse an und dient damit einem Ziel, das in der EWG für das internationale Deliktsrecht bereits seit Ende der 1960er Jahre angestrebt (erster Vorentwurf 1972, RabelsZ 74, 11 ff), 1978 aber zunächst zurückgestellt worden war (KOM [03] 427 3). Nachdem in der Rechtswissenschaft weitere Grundlagen für eine Rechtsangleichung auf diesem Gebiet geschaffen worden waren (s insb Entwurf der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht 1998, IPRax 98, 286 [BGH 19.03.1997 - VIII ZR 316/96]), wurden die Anstrengungen zur europäischen Vereinheitlichung des Kollisionsrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse ab 2001 verstärkt und mündeten 2004 in einen Vorschlag der Kommission für eine VO des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (KOM [03] 427 endg; s.a. v Hein ZVglRWiss 03, 528 ff; Benecke RIW 03, 830 ff; Fuchs GPR 03/04, 100 ff; Leible/Engel EuZW 04, 7 ff; Siems RIW 04, 662 ff; Huber/Bach IPRax 05, 73 ff). Dieser erste Vorschlag stieß jedoch auf Widerstand im Europäischen Parlament, das 2005 einen deutlich anders akzentuierten Gegenentwurf vorlegte (Entschließung des Europäischen Parlaments, ABl 06, C 157 E/371).

 

Rn 2

Nach einem modifizierten Vorschlag der Kommission (KOM [06] 83 endg v 21.2.06) folgte ein Vermittlungsverfahren gem Art 251 IV EG aF (s dazu insb den Gemeinsamen Standpunkt des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl 06, C 289 E/68 sowie R Wagner FS Kropholler 715 ff). Im Sommer 2007 wurde die ROM II-VO verabschiedet (ABl 07, L 199/40). Sie ist am 11.1.09 in Kraft getreten (Art 32) und hat innerhalb ihres Anwendungsbereichs Art 38 ff EGBGB abgelöst (Art 31 f).

 

Rn 3

Rechtsgrundlage waren insb Art 61 lit c, 67 EG aF; gleichzeitig dient die VO dem Ziel der Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten (Art 65 lit b EG aF, Art 81 II lit c AEUV). Konsequenz der Anwendung dieser Kompetenznormen ist allerdings die Nichtbeteiligung Dänemarks (Art 1, 2 des Protokolls [Nr 5] über die Position Dänemarks, ABl 97, C 340/101, sowie Art 1 IV der VO, Erw 40); das Vereinigte Königreich und Irland hatten hingegen für eine Anwendung der VO optiert (Art 3 des Protokolls [Nr 4] über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands, ABl 97, C 340/99, Erw 39).

 

Rn 4

Ziel der VO ist es insb, in Konkretisierung der Ziele des Art 81 II lit c AEUV die Wahrnehmung der Grundfreiheiten im Binnenmarkt zu erleichtern (KOM [03] 427 5, 7), den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten vorhersehbarer zu machen, die Sicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht zu fördern (KOM [03] 427 7; Erw 6) und damit letztlich Transaktionskosten zu senken (KOM [03] 427 5). Dafür wird ein einheitliches System von Anknüpfungsregeln für alle Mitgliedstaaten geschaffen, das jedoch aufgrund seiner Flexibilität (s nur Erw 14) nationale ›Alleingänge‹ nicht vollständig ausschließen dürfte.

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