Rn 30

Die mit Schadensersatz bewehrten Pflichten des Verkäufers lassen sich in folgender Matrix ordnen: (1) Primärer Anknüpfungspunkt ist die Art der Pflichtverletzung. Zu unterscheiden ist zwischen Verletzungen der Hauptleistungspflicht des § 433 I 2 und von Nebenpflichten. Die Verletzung von § 433 I 2 ist zu differenzieren in die drei Fallgruppen behebbare Mängel, Pflichtverletzungen bei der Nacherfüllung und unbehebbare Mängel. (2) Die Differenzierung nach der Art des geltend gemachten Schadens ist hochstr. Teilweise wird weiter zwischen Mangel- und Mangelfolgeschaden unterschieden; dabei meint Mangelschaden die Beeinträchtigung des Erfüllungsinteresses unter Einschluss von Minderwert, Nutzungsausfall und entgangenem Gewinn, Mangelfolgeschaden die Beeinträchtigung des Integritätsinteresses des Käufers, also dessen sonstiger Rechte und Rechtsgüter (MüKo/Westermann Rz 28; Boerner ZIP 01, 2264, 2272; Brüggemeier WM 02, 1376, 1382). Richtigerweise ist die Differenzierung teleologisch am Konzept der §§ 437 ff auszurichten, dass der Käufer primär einen Anspruch auf Erfüllung und dh bei Schlechtleistung auf Nacherfüllung hat. Daraus sind abzuleiten die Kategorien der Schäden, die prinzipiell (!) durch Nacherfüllung behoben werden können, wie mangelbedingter Minderwert, Reparaturaufwand, zukünftig entgehender Gewinn, und der einer Nacherfüllung nicht zugänglichen Schäden, wie Verletzungen des Integritätsinteresses des Käufers, (Betriebs-)Ausfallschäden wie schon entgangener Gewinn (so mit Unterschieden iE teilweise unter Bezeichnung als Mangel- und Mangelfolgeschäden § 280 Rn 57 ff; Skamel 70–77; vgl Naumbg ZGS 05, 77). (3) Für die Rechtsfolgen ist abzugrenzen zwischen Schadensersatz (neben der Leistung) gem § 280 I, infolge Verzugs gem §§ 280 II, 286 und statt der Leistung gem § 281; Schadensersatz statt der Leistung kann für unerhebliche Pflichtverletzungen nicht gefordert werden (Rn 24). Die Bedeutung der Verzugshaftung resultiert aus dem Fehlen eines speziellen kaufrechtlichen Haftungsrechts: Verzögerung oder Schlechtleistung der Nacherfüllung stellt Verzug mit einer Hauptleistungspflicht dar, kann sich aber zB bei sicherheitsrelevanten Mängeln wie eine Nebenpflichtverletzung in einer Verletzung von anderen Rechten und Rechtsgütern des Käufers äußern. Nach der Biodiesel-Entscheidung (BGH NJW 13, 2959 [BGH 03.07.2013 - VIII ZR 169/12] Rz 26 ff) wird zwischen Schadensersatz statt und neben der Leistung danach abgegrenzt, ›ob der betreffende Schaden durch die Nacherfüllung beseitigt würde‹ (Rz 26 unter Zitat von Tiedtke/Schmitt BB 05, 615; s Korch/Hagemeyer Jura 14, 1302, 1306 ff): Dann kann nur Schadensersatz statt der Leistung gefordert werden, mit der wichtigen Konsequenz, dass die Frist zur Nacherfüllung abgelaufen sein muss, so sie nicht ausnahmsweise rechtlich entbehrlich ist. Demgegenüber deckt der Schadensersatz neben der Leistung gem § 280 I und wegen Verzugs die einer Nacherfüllung nicht zugänglichen Schäden ab.

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