Gesetzestext

 

Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, unterliegen nicht der Rückforderung und dem Widerruf.

 

Rn 1

Die Vorschrift nimmt Pflicht- und Anstandsschenkungen von der Rückforderung nach § 528 und dem Widerruf nach § 530 aus. IÜ bleibt es bei den Schenkungsregeln der §§ 516–527. Soweit die Schenkung dasjenige überschreitet, was sittliche Pflicht oder der Anstand gebieten, kann sie zurückgefordert oder widerrufen werden; bei Unteilbarkeit ist sie dann Zug um Zug gegen den Wert einer nach § 534 zulässigen Zuwendung herauszugeben (BGH MDR 63, 575).

 

Rn 2

Einer sittlichen Pflicht entspricht die Zuwendung nur, wenn sie ›geradezu sittlich geboten ist‹ (BGH NJW 86, 1926). Dabei sind insb Vermögen und Lebensstellung der Beteiligten und ihre persönlichen Beziehungen zu berücksichtigen (BGH MDR 63, 575). In die Bewertung ist auch eine sittliche Pflicht einzubeziehen, den Pflichtteil Verwandter durch die Zuwendung nicht völlig auszuhöhlen (BGH NJW 84, 2939). Sollen Pflegeleistungen belohnt werden, bedarf es besonderer Umstände (BGH NJW 86, 1926). Bei Diensten von Kindern muss das Ausbleiben einer Belohnung sittlich anstößig sein (BGH NJW 86, 1926 [BGH 09.04.1986 - IVa ZR 125/84]). Unterhaltszahlungen an Verwandte oder den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können einer sittlichen Pflicht entsprechen (BGH NJW 84, 2939 [BGH 07.03.1984 - IVa ZR 152/82]).

 

Rn 3

Anstandsschenkungen sind kleinere Zuwendungen wie gebräuchliche Gelegenheitsgaben oder übliche Geschenke unter nahen Verwandten (BGH NJW 81, 111 [BGH 19.09.1980 - V ZR 78/79]) und Trinkgeld. Bei monatlichen Zahlungen der Großmutter für ihre Enkelkinder zum Zwecke des Kapitalaufbaus handelt es sich nicht um Anstandsschenkungen (Celle MDR 20, 608 [OLG Celle 13.02.2020 - 6 U 76/19]).

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