Gesetzestext

 

(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2) höchstens um zehn Prozent übersteigen.

(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen. Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn

1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,
2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,
3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder
4. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Eine Rechtsverordnung nach Satz 1 muss spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft treten. Sie muss begründet werden. Aus der Begründung muss sich ergeben, aufgrund welcher Tatsachen ein Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt im Einzelfall vorliegt. Ferner muss sich aus der Begründung ergeben, welche Maßnahmen die Landesregierung in dem nach Satz 1 durch die Rechtsverordnung jeweils bestimmten Gebiet und Zeitraum ergreifen wird, um Abhilfe zu schaffen.

A. Zweck und Allgemeines.

 

Rn 1

§ 556d, der nach hM verfassungsgemäß ist (BVerfG ZMR 19, 839 Rz 51; BGH ZMR 20, 629 Rz 79), hat das Ziel, die zulässige Miete bei der Wiedervermietung von Wohnraum in angespannten Wohnungsmärkten zu begrenzen (BTDrs 18/3121, 1). Zur Abdingbarkeit s § 556g I 1. Zur Gesetzesgeschichte vor §§ 556d556g Rn 1 f.

B. Voraussetzungen (§ 556d I).

I. Neuabschluss eines Mietvertrags.

 

Rn 2

In zeitlicher Hinsicht maßgeblich ist der Neuabschluss eines Mietvertrags, nicht der Zeitpunkt des Mietgebrauchs. Spätere Änderungen der Miethöhe sind unerheblich. Ein Neuabschluss liegt auch dann vor, wenn der bisherige Mietvertrag wirksam gekündigt ist und die Mietvertragsparteien vergleichsweise eine ›Fortsetzung‹ vereinbaren (BGH NJW 98, 2664; aA Harke ZMR 15, 595; Blank WuM 14, 641,643). Die Kündigung kann nicht ›zurückgenommen‹ oder ›widerrufen‹ werden. Bei einem Parteiwechsel soll es auf den Einzelfall ankommen, ob es einen neuen Vertrag gibt (BGH NZM 12, 341 [BGH 21.02.2012 - VIII ZR 117/11] Rz 4). Sachliche Änderungen des Vertragsgegenstandes sind kein Neuabschluss. Auch ein gesetzlicher Vertragsübergang (§ 566) ist kein Neuabschluss. Liegen die Voraussetzungen des § 545 vor, fehlt es auch an einem Neuabschluss.

II. Wohnraum.

 

Rn 3

Erfasst sind Mietverträge über Wohnraum (Vor § 556d Rn 3). Der typische Anwendungsfall ist eine Wiedervermietung. § 556d I ist aber auch auf die erstmalige Vermietung einer Bestandswohnung nach Aufgabe der Selbstnutzung anwendbar.

III. Wohnraum liegt in einem bestimmten Gebiet (§ 556d I 1, II).

1. Überblick.

 

Rn 4

Der Wohnraum muss räumlich in einem durch Rechtsverordnung nach § 556d II 1 bestimmten Gebiet liegen.

2. Rechtsverordnung.

 

Rn 5

556d II 1 ermächtigt die Landesregierungen iSv Art 80 I 1 GG, Gebiete mit ›angespannten Wohnungsmärkten‹ durch Rechtsverordnung für die Dauer von jew höchstens 5 Jahren zu bestimmen. Die Rechtsverordnung muss nach § 556d II 4 spätestens mit Ablauf des 31.12.25 außer Kraft treten. Bestimmung und Abgrenzung dieser Gebiete erfordert eine sorgsame Überprüfung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme (BayVerfGH NJW-RR 17, 777 [KG Berlin 01.02.2017 - 13 UF 163/16] Rz 32).

3. Gebiet mit angespannten Wohnungsmärkten (§ 556d II 2).

 

Rn 6

Was ein Gebiet mit ›angespannten‹ Wohnungsmärkten ist, definiert § 556d II 2 legal. § 556d II 3 beschreibt dies nicht abschließend. Etwa § 556d II 3 Nr 1 sieht einen angespannten Wohnungsmarktals gegeben an, wenn die Mieten deutlich stärker steigen als im Bundesdurchschnitt. Mietbelastung iSv § 556d II 3 Nr 2 ist der prozentuale Anteil der Nettokaltmiete am Einkommen der Haushalte. Bezugsgröße ist wie bei § 557b I und § 558d II 2 der Haushalt. Auch in Betracht kommt zB ein hohes Mietniveau (BTDrs 18/3121, 29) oder die Abweichung der Neuabschlussmieten von der ortsüblichen Vergleichsmiete (Blank WuM 14, 641).

4. Begründung der Rechtsverordnung (§ 556d II 5–7).

a) Überblick.

 

Rn 7

Die Rechtsverordnung muss – was nicht selbstverständlich ist – nach § 556d II 5 ›begründet‹ werden. Nach § 556d II 6 ist anzugeben, dass, warum und in welchem Umfang ein Gebiet mit angespannten Wohnungsmärkten vorliegt, dort also die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist (BGH ZMR 19, 845 Rz 18). Dazu sind der auf die einzelne Gemeinde bezogene Bewertungsmaßstab und das daraus für die einzelne Gemeinde resultierende Ergebnis offenzulegen (BayVerfGH NJW-RR 17, 777 [KG Berlin 01.02.2017 - 13 UF 163/16] Rz 29).

b) Fehlende/Unzureichende Begründung.

 

Rn 8

Fehlt eine Begründung vollständig oder ist diese nicht zureichend, ist die entspr Rechtsverordnung nichtig (BGH WuM 20, 488 Rz 9; ZMR 19, 845 Rz 14; BayVerfGH NJW-RR 17, 777 Rz 30), was vom Zivilgericht zu prüfen ist (BGH ZMR 19, 845 Rz...

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