Rn 9

Sind die Werkleistungen des Unternehmers mangelhaft (§ 633 II), ergeben sich die weiteren Bestimmungen für den Rücktritt vom Vertrag und die hieran geknüpften Rechtsfolgen über die Verweisungsnorm des § 634 Nr 3 aus den Vorschriften des allg Schuldrechts in §§ 323, 326 V und 346 ff. Die Frist nach § 323 I kann nicht vor Fälligkeit der Leistung gesetzt werden; bis dahin – aber auch nicht länger – kann der Besteller nur nach § 323 VI zurücktreten (BGHZ 193, 315 = BauR 12, 1386) (iE zum zeitlichen Geltungsbereich des werkvertraglichen Mängelhaftungsrechts § 633 Rn 5 ff). IÜ muss der Besteller grds eine angemessene Nacherfüllungsfrist setzen und die Frist muss erfolglos, dh ohne dass die Werkleistung vertragsgerecht hergestellt ist, abgelaufen sein (s Rn 7; zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung s § 636 Rn 3 ff).

 

Rn 10

Der Rücktritt ist gem § 323 V 2 bei unerheblichen Mängeln ausgeschlossen. Maßstab hierfür dürften die von der Rspr zu § 634 III aF und § 13 Nr 7 III VOB/B entwickelten Grundsätze sein (vgl BGH NJW-RR 99, 381; BauR 81, 284), wonach nicht allein die (besonders hohen) Mängelbeseitigungskosten, sondern va das Ausmaß der mangelbedingten Beeinträchtigung der vertraglich vorausgesetzten Verwendungstauglichkeit maßgeblich ist (Grüneberg/Retzlaff § 636 Rz 6; vgl aber zum Kaufrecht BGH NJW 14, 3229 [BGH 28.05.2014 - VIII ZR 94/13]). Unerheblich idS werden in der Praxis zumeist nur kleinere Schönheitsfehler, insbes optische Mängel sein, wohingegen Verstöße gegen Beschaffenheitsvereinbarungen mit negativen Auswirkungen auf die Gebrauchs- bzw Funktionstauglichkeit kaum je als unerheblich anzusehen sein dürften (Erman/Schwenker/Rodemann § 636 Rz 16). Einen weiteren Ausschlussgrund nennt § 326 VI. Danach darf der Besteller nicht zurücktreten, wenn er allein oder weit überwiegend für die Umstände verantwortlich ist, die ihn zum Rücktritt berechtigen würden. Das ist wie bei § 254 eine Frage der Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge einschließlich des Verschuldens. In Betracht kommen insoweit va die Fälle, in denen der Mangel auf vorwerfbar fehlerhafte Anordnungen und Vorgaben des Bestellers zurückzuführen ist (insbes: fehlerhafte Bauplanung, über § 278 auch des vom Besteller beauftragten Architekten), deren Korrektur der Unternehmer in Wahrnehmung seiner Prüfungs- und Hinweispflichten hätte bewirken können und müssen (iE hierzu § 633 Rn 22; ohne Verstoß gegen Hinweispflichten ist der Unternehmer von der Mängelhaftung frei). Allerdings ist auch dann im Einzelfall zu entscheiden, ob der dem Besteller anzulastende Mitwirkungspflichtverstoß (§ 645) den Verursachungsbeitrag des Unternehmers weit überwiegt (ebenso: Grüneberg/Retzlaff § 636 Rz 6), was keineswegs selbstverständlich ist (deshalb zu weitgehend: AnwK/Raab § 636 Rz 29). Tritt ein vom Unternehmer nicht verschuldeter Mangel ein, während der Besteller sich in Annahmeverzug befindet, so ist der Rücktritt gem § 323 VI Alt 2 ausgeschlossen.

 

Rn 11

Bei Teilleistungen hat der Besteller im Ausgangspunkt ein Rücktrittsrecht nur hinsichtlich der noch nicht erbrachten Leistungen; vom ganzen Vertrag darf er nur zurücktreten, soweit er an den erbrachten Teilleistungen kein Interesse hat – § 323 V 1. Dafür reicht es nicht aus, dass der Besteller die unfertige Werkleistung nicht nutzen kann, solange sie sich im Wege der Selbstvornahme in einen vertragsgerechten Zustand versetzen lässt. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Besteller an einem eingeschränkten Leistungsaustausch berechtigterweise nicht interessiert ist, weil der Vertragszweck sich mit der vorhandenen Teilleistung überhaupt nicht verwirklichen lässt. So bspw, wenn feststeht, dass die für die Realisierung des vereinbarten Verwendungszwecks maßgeblichen Vorgaben des Bestellers bei Verbleib der Teilleistungen nicht eingehalten werden können oder wenn der Unternehmer einen verbindlich vereinbarten Fertigstellungstermin nicht einhalten kann und der Besteller seinerseits auf die rechtzeitige Herstellung des Werkes angewiesen ist.

 

Rn 12

Durch die wirksame Ausübung des Rücktrittsrechts entsteht ein Rückgewähr- und Abwicklungsverhältnis nach Maßgabe der §§ 346 ff (iE s die Kommentierung dort). Im Grundsatz gilt: Die vertraglichen Leistungs- und Gegenleistungspflichten erlöschen. Stattdessen sind die empfangenen Leistungen und die gezogenen Nutzungen zurückzugewähren – § 346. Anders als nach § 351 aF ist der Rücktritt nun nicht mehr ausgeschlossen, wenn der Besteller den Untergang oder eine wesentliche Verschlechterung der Sache zu vertreten hat. Jetzt muss der Rücktrittsberechtigte in derartigen Fällen gem § 346 II Wertersatz leisten, wenn die Rückgabe oder Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist – § 346 II 1 Nr 1, etwa weil der Rückbau bereits erbrachter Bauleistungen zu einem Eingriff in die Substanz und die Funktionstauglichkeit des bearbeiten Gebäudes führen würde (ähnl: Kniffka/Krause-Allenstein Bauvertragsrecht, § 636 Rz 18; Voit BauR 02, 145). Demggü stellt der nach § 946 vollzogene Eig...

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