Rn 7

Bei Mängeln der Werkleistung kann der Besteller zunächst nur Nacherfüllung (Mangelbeseitigung) vom Unternehmer verlangen. Die weitergehenden Mängelrechte gem § 634 Nr 2–4 stehen ihm grds erst nach ergebnislosem Ablauf einer angemessenen Nacherfüllungsfrist zu. Das folgt für die Selbstvornahme aus § 637 I, für den Rücktritt aus § 323 I, für die Minderung aus § 638 I iVm § 323 I und für den Schadensersatz statt der Leistung aus § 281 I 1. Die fristgebundene Aufforderung zur Nacherfüllung ist eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, auf welche die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechende Anwendung finden (vgl Vor §§ 116 Rn 7). Sie bedarf keiner Form, muss aber zugehen, um die Frist in Gang zu setzen und sollte sinnvollerweise schriftlich erfolgen. Aus ihr muss klar hervorgehen, dass der Besteller die Werkleistungen nicht als vertragsgerecht akzeptiert und Abhilfe verlangt. Dafür genügt es nicht, dass er den Unternehmer lediglich auffordert, sich zu erklären, ob er den Mangel anerkenne und bereit sei, diesen zu beseitigen (BGH NJW 99, 3710, 3711 [BGH 16.09.1999 - VII ZR 456/98]). Durch die Bestimmung der Nacherfüllungsfrist soll dem Unternehmer auch nach Abnahme (eine zweite) Gelegenheit gegeben werden, das geschuldete Gewerk mangelfrei herzustellen. Dementspr muss die Frist ausreichend konkret bestimmt sein (Staudinger/Peters/Jacoby § 634 Rz 55; BRHP/Voit (online) § 636 Rz 9). Ob deshalb ein kalendermäßig bestimmter Zeitpunkt oder ein Zeitraum benannt werden muss und Formulierungen wie ›schnellstmöglich‹ oder ›alsbald‹ nicht ausreichen, ist nach den Entscheidungen BGH NJW 09, 3153 [BGH 12.08.2009 - VIII ZR 254/08] u NJW 15, 2564 [BGH 18.03.2015 - VIII ZR 176/14] zu § 281 I im Kaufrecht fraglich; danach reicht die Aufforderung zu umgehender Nacherfüllung aus (vgl aber BRHP/Voit (online) § 636 Rz 8). Die Frist muss so bemessen sein, dass sie dem Unternehmer im Einzelfall angemessen Gelegenheit gibt, zu reagieren (zu den Besonderheiten bei vorausgegangenem Annahmeverzug des Bestellers: BGH BauR 07, 1410). Das wirft in der Praxis nicht selten Probleme auf, weil der Besteller sein Nacherfüllungsverlangen nur mit der nachprüfbaren Darstellung der Mangelerscheinungen begründen muss (München BauR 07, 2073; Symptom-Rspr – vgl BGH BauR 02, 613; NJW-RR 01, 138; iE Rn 28), wohingegen der Unternehmer seinerseits vor die uU schwierige Aufgabe gestellt ist, vor der eigentlichen Ausführung der Nachbesserungsarbeiten zunächst die Mangelursachen und die für ihre Beseitigung erforderlichen Maßnahmen ermitteln zu müssen (Bsp: Der Besteller rügt Feuchtigkeit im Keller; es ist völlig unklar, woher die Feuchtigkeit kommt und welche bautechnischen Zusammenhänge hierfür maßgeblich sind). Nach BGH BauR 10, 909 kann für § 281 I 1 sogar die Aufforderung reichen, die vertragliche Leistung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu bewirken. Hinzu kommt: Erweist sich die von dem Beststeller gesetzte Frist unter Berücksichtigung auch solcher Umstände als unangemessen kurz, gilt statt dessen eine tatsächlich angemessene Frist (BGH NJW 85, 2640 [BGH 21.06.1985 - V ZR 134/84]). Den sich aus alledem ergebenden Unwägbarkeiten versuchen die Vertragsparteien insbes im Zusammenhang mit komplexen bautechnischen Zusammenhängen zuweilen durch ein mehrstufiges Prozedere zu begegnen, indem der Unternehmer zunächst innerhalb bestimmter Frist klären und erklären soll, wie er die Nacherfüllung auszuführen gedenkt und welchen Zeitraum er hierfür benötigt. In alledem liegt zwar nicht die Bestimmung einer angemessenen Nacherfüllungsfrist ioS, die auch nicht ersetzt wird (Erst recht nicht, wenn – mit gleichem Ziel – nur ein Termin für den Beginn der Nachbesserungsarbeiten vorgegeben wird). Gleichwohl kann diese Vorgehensweise für alle Beteiligten sinnvoll sein, um einen geordneten Bauablauf zu gewährleisten. Der Unternehmer läuft nicht Gefahr, trotz aus seiner Sicht unangemessen kurzer Frist mit den Nachbesserungsarbeiten beginnen zu müssen, die er nur in besonderen Ausnahmefällen nach Treu und Glauben (§ 242) verweigern darf, wenn eine taugliche Mängelbeseitigung innerhalb der ihm gesetzten Frist schlechterdings und für den Besteller erkennbar ausgeschlossen ist (ebenso: AnwK/Raab § 636 Rz 10). Der Besteller wiederum muss nicht befürchten, vor Ablauf einer tatsächlich angemessenen Frist und deshalb zur Unzeit die Selbstvornahme veranlasst zu haben, deren Kosten er dann selbst tragen müsste. Bemisst er hingegen die Frist nach dem vom Unternehmer selbst ermittelten Nachbesserungszeitraum, wird sie iaR als angemessen zu gelten haben und den Unternehmer dementsprechend binden.

 

Rn 8

Die Bestimmung einer Nacherfüllungsfrist ist entbehrlich, wenn sie sich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles als bloße Förmelei erweisen würde. Die hierzu zum alten Recht ergangene Rspr wirkt in den nunmehr im Wesentlichen in §§ 636, 637, 281 II, 323 II und § 326 V gesetzlich geregelten Tatbeständen fort (iE § 636 Rn 2 ff).

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