Gesetzestext

 

Soweit einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Befugnis zur Geschäftsführung zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten.

 

Beschlussfassung. (zum 1.1.24)

Gesellschafterbeschlüsse bedürfen der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter.

A. Allgemeines.

 

Rn 1

§ 714 betrifft die organschaftliche Vertretungsmacht der für die Außen-GbR handelnden Geschäftsführer und enthält die Auslegungsregel, dass Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht im Zweifel übereinstimmen. Für die Innen-GbR ist § 714 nicht relevant (vgl § 705 Rn 33). Die organschaftliche Vertretungsmacht ist Ausfluss des Mitgliedsrechts und damit ebenso wenig wie die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis (§ 709 Rn 3) übertragbar und mangels abw Regelung nur zusammen mit dieser aus wichtigem Grund zu entziehen (§ 715). Auf die gewillkürte Vertretungsmacht durch rechtsgeschäftliche Vollmacht (an Gesellschafter oder Dritte, zur Zulässigkeit BGH NJW 83, 2498 [BGH 27.06.1983 - II ZR 230/82]) finden die allg Regeln der §§ 164 ff Anwendung. Mangels einer gesonderten Bestimmung dazu (wie § 128 HGB für OHG) ist § 714 (teils historisch bedingt wegen früher herrschender Doppelverpflichtungstheorie, dazu MüKo/Schäfer § 714 Rz 3) auch der Ort für die Diskussion der Haftung der Gesellschafter.

B. Vertretung der Außen-GbR.

I. Organschaftliche Vertretung.

 

Rn 2

Der Wortlaut von § 714 deutet darauf hin, dass es sich hierbei um die Vertretung der anderen Gesellschafter handelt. Seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR auch in der Rspr (BGH NJW 01, 1056 [BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00]; bestätigt in NJW 02, 1642 [BGH 21.01.2002 - II ZR 2/00]) steht es aber fest, dass es um die Vertretung der Außen-GbR selbst als selbstständigem Objekt von Rechten und Pflichten geht. Die geschäftsführenden Gesellschafter nehmen damit als Organe der Gesellschaft am Rechtsverkehr teil, womit ihre Vertretungsmacht wie bei den Personenhandelsgesellschaften organschaftlicher Natur ist (Soergel/Hadding/Kießling § 714 Rz 7; MüKo/Schäfer § 714 Rz 16 f; Erman/Westermann § 714 Rz 4; aA die früher hM BGH WM 71, 1198 f; Staud/Kessler § 714 Rz 5). Auf die organschaftliche Vertretung finden §§ 164 ff nur eingeschränkt Anwendung: Ein einseitiges Rechtsgeschäft des Geschäftsführers kann vom Empfänger nach § 174 1 zurückgewiesen werden (BGH NJW 02, 1194, 1195) und eine wirksame Vertretung der GbR setzt nach § 164 I iVm II voraus, dass das Handeln für die GbR erkennbar ist (BGH WM 21, 1541 Rz 30; MDR 09, 655; Erman/Westermann § 714 Rz 7; Soergel/Hadding/Kießling § 714 Rz 19; MüKo/Schäfer § 714 Rz 26). Auch gilt § 166 für Willensmängel und Wissenszurechnung bei der GbR (Erman/Westermann § 714 Rz 8; vgl auch BGH NJW 99, 284, 286 [BGH 12.11.1998 - IX ZR 145/98]). Aus der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR und der organschaftlichen Natur ihrer Vertretung folgt die Zurechnung schädigenden Verhaltens der Geschäftsführer nach § 31 (BGH NJW 07, 2490 [BGH 03.05.2007 - IX ZR 218/05]; 03, 1445 [BGH 24.02.2003 - II ZR 385/99]).

II. Auslegungsregel des § 714.

 

Rn 3

Die Auslegungsregel des § 714 sorgt für den regelmäßigen Gleichlauf von Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht. Zu den verschiedenen Arten der Geschäftsführung vgl § 709 Rn 9, 12, § 710 Rn 1 f. Ist mehrheitliche Gesamtgeschäftsführung iSd § 709 II vereinbart, genügt die Vertretung unter Mitwirkung der entspr Mehrheit (Soergel/Hadding/Kießling § 714 Rz 14; MüKo/Schäfer § 714 Rz 19). Eine weitergehende Vertretungsmacht kann konkludent eingeräumt werden (BGH BB 05, 792 [BGH 14.02.2005 - II ZR 11/03]). Bei Wegfall eines von zwei Gesamtvertretern erstarkt nicht die Vertretungsbefugnis des verbleibenden zur Einzelvertretungsbefugnis, sondern führt zur Gesamtvertretungsbefugnis der verbleibenden Gesellschafter (BGH NJW 64, 1624 [BGH 25.05.1964 - II ZR 42/62]; Erman/Westermann § 714 Rz 8). Anderes gilt aber dann, wenn einer von zwei Gesamtvertretern wegen des Verbots des Selbstkontrahierens (§ 181) gehindert ist, womit der verbleibende einzelvertretungsbefugt ist (BGH NJW 75, 1117 [BGH 06.03.1975 - II ZR 80/73]; MüKo/Schäfer § 714 Rz 30). Der Widerspruch gegen eine Geschäftsführungsmaßnahme nach § 711 lässt die Vertretungsmacht des Handlungswilligen unberührt (BGH NJW 55, 825, 826 [BGH 10.03.1955 - II ZR 309/53]; NJW-RR 91, 1441 [BGH 17.06.1991 - II ZR 261/89]; MüKo/Schäfer § 714 Rz 20). Da § 714 nur eine Auslegungsregel ist, sind abw Regelungen unbenommen.

III. Umfang und Grenzen der Vertretungsmacht.

1. Umfang der Vertretungsmacht.

 

Rn 4

Anders als bei Personenhandelsgesellschaften (§ 126 HGB) kann der Umfang der Vertretungsmacht wie auch die Geschäftsführungsbefugnis durch den Gesellschaftsvertrag frei gestaltet werden (BGH NJW 99, 3483 [BGH 27.09.1999 - II ZR 371/98]; 62, 2344 [BGH 20.09.1962 - II ZR 209/61]). Ebenso wenig wie die Geschäftsführungsbefugnis bezieht sich auch die Vertretungsmacht weder auf Grundlagengeschäfte (dazu § 709 Rn 2) noch auf Handlungen jenseits des Gesellschaftszwecks (MüKo/Schäfer § 714 Rz 25). Gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer können für einzelne Maßnahmen, nicht aber generell (BGH ZIP 86, 501, 503), einen von ihne...

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