Rn 11

Ein wichtiger Grund liegt nach ständiger Rspr, die jetzt in der Legaldefinition des § 314 I 2 Niederschlag gefunden hat, vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung der Gesellschaft bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann, weil das Vertrauensverhältnis grundlegend gestört oder ein gedeihliches Zusammenwirken aus sonstigen, namentlich auch wirtschaftlichen Gründen nicht mehr möglich ist (BGH DStR 12, 1760; NJW 00, 3491 [BGH 24.07.2000 - II ZR 320/98]; 82, 2821). Dabei sind die Individualinteressen des Kündigenden an der Auflösung der Gesellschaft gegen die Interessen der Mitgesellschafter an ihrer Fortführung abzuwägen (BGH NJW 82, 2821), wobei in die Gesamtabwägung alle Einzelumstände des Falles wie zB Art, Zweck und Dauer der Gesellschaft, Intensität der persönlichen Zusammenarbeit und der bis zur ordentlichen Kündigung verbleibende Zeitraum einzubeziehen sind (BGH DStR 12, 1760 Rz 28; NJW 96, 2573 [BGH 10.06.1996 - II ZR 102/95]; 82, 2821 [BGH 12.07.1982 - II ZR 157/81]). Liegt der wichtige Grund in der Person eines Gesellschafters, ist auch zu prüfen, ob nicht etwa der Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis als milderes Mittel genügt, um die Fortführung der GbR als zumutbar erscheinen zu lassen (MüKo/Schäfer § 723 Rz 29). Ein Nachschieben von Gründen setzt voraus, dass die Gründe im Zeitpunkt der Kündigung objektiv schon vorlagen (BGH DStR 12, 1760 [BGH 22.05.2012 - II ZR 2/11] Rz 29). Die Kündigung unterfällt nicht der Verjährung, muss aber in Anlehnung an § 314 III in angemessener Frist nach Kenntnis über den Kündigungsgrund erklärt werden (BGH WM 19, 16 Rz 33).

 

Rn 12

Die Abwägung nach den in Rn 11 genannten Grundsätzen ist auch für das Regelbeispiel des § 723 I 3 Nr 1 erforderlich (MüKo/Schäfer § 723 Rz 29). Zu den wesentlichen personenbezogenen Pflichtverletzungen zählen zB die Verletzung wesentlicher Mitwirkungspflichten (Köln NZG 01, 1082 f [OLG Köln 26.06.2001 - 22 U 34/01]), der Vollmachtsmissbrauch (BGH WM 85, 997) oder andere nachhaltige Verstöße gegen Geschäftsführungspflichten. Bei Mängeln der Geschäftsführung ist vorrangig an das mildere Mittel des Entzugs der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nach §§ 712, 715 zu denken. Wichtiger Grund kann je nach den Verhältnissen auch das außergesellschaftliche Verhalten sein (BGH DB 77, 87, 88 [BGH 08.07.1976 - II ZR 34/75]; NJW 67, 1081 [BGH 23.01.1967 - II ZR 166/65]). Eigenes vorwerfbares Verhalten des Kündigenden schließt die Berufung auf den Kündigungsgrund nicht aus, es sei denn, er hat selbst den wesentlichen Anlass für den wichtigen Grund gegeben (BGH NJW 96, 2573, 2574 [BGH 10.06.1996 - II ZR 102/95]) oder er hat die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der GbR vorsätzlich herbeigeführt (BGH NJW 00, 3491, 3492 [BGH 24.07.2000 - II ZR 320/98]). Auch die zweigliedrige GbR kann aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem Kündigenden unter Würdigung aller Umstände eine Fortsetzung der GbR nicht zugemutet werden kann, wobei die beiderseitigen Verhaltensweisen beachtet werden müssen (BGH WM 06, 136, 138).

 

Rn 13

Neben den personenbezogenen wichtigen Gründen kommen auch objektive Gründe in Betracht, insb das Erreichen des Gesellschaftszwecks oder seine Unmöglichkeit. Beide Fälle begründen die Auflösung nach § 726. Unter der Erheblichkeitsschwelle des § 726 bleibt aber noch Raum für die Kündigung, etwa wenn bei nachhaltigen Verlusten eine Wende zum Besseren zwar möglich, aber nicht konkret absehbar ist (Soergel/Hadding/Kießling § 723 Rz 41; MüKo/Schäfer § 723 Rz 35).

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