Rn 11

Bei Anwendung kollektiv-rechtlicher Vereinbarungen (Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen) haftet der ArbG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (aA Jacobs RdA 09, 193). Dies gilt bei normativer Geltung ebenso wie bei bloß arbeitsvertraglicher Inbezugnahme der kollektiven Regelungen (BTDrs 16/1780, 38). Die höhere Richtigkeitsgewähr kollektiver Regelungen kommt dem ArbG zugute (BTDrs 16/1780, 38).

 

Rn 12

Dem Wortlaut nach gilt das Privileg nur ggü Entschädigungsansprüchen (II), jedoch Redaktionsversehen, da Richtigkeitsgewähr ggü Schadensersatzansprüchen (I) ebenso besteht (str).

 

Rn 13

In Anlehnung an § 23 BetrVG scheidet grobe Fahrlässigkeit aus, wenn der ArbG in schwieriger und ungeklärter Rechtsfrage nach vertretbarer Rechtsansicht handelt (BAG NZA 03, 196, 199; 90, 357 [BAG 14.11.1989 - 1 ABR 87/88]). Auch unter Berücksichtigung der Forderung des EuGH nach verschuldensunabhängiger Sanktion (Rn 6) kommt aufgrund der hohen Richtigkeitsgewähr von Kollektivvereinbarungen grobe Fahrlässigkeit gem III erst in Betracht, wenn die Regelung evident AGG-widrig ist, sich dem ArbG daher trotz Bindung an die Kollektivvereinbarung deren Unwirksamkeit gem § 7 II aufdrängt und ihm die Nichtanwendung trotz einer damit möglicherweise verbundenen Vielzahl von Prozessen zuzumuten ist (Lingemann/Gotham NZA 07, 669; Wulfers/Hecht ZTR 07, 483). Angesichts der strengen Voraussetzungen für Allgemeinverbindlichkeitserklärungen (§ 5 TVG) scheidet grobe Fahrlässigkeit bei allgemeinverbindlichen Tarifverträgen idR aus.

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