Rn 9

Der Verstoß gg materiell-rechtliche Eheschließungsvoraussetzungen (fehlerhafte Eheschließung) führt nicht zwingend zur Unwirksamkeit der dennoch geschlossenen Ehe. Die Folgen für den Bestand der Ehe sind je nach Art des Verstoßes und in verschiedenen Rechtsordnungen unterschiedlich geregelt. Sie reichen von absoluter Nichtigkeit (Nichtehe) über gerichtliche Vernichtbarkeit (Nichtigerklärung) mit Rückwirkung oder Aufhebbarkeit mit Wirkung für die Zukunft bis zur Folgenlosigkeit. Das Statut der Wirksamkeit der Ehe bei materiell-rechtlich fehlerhafter Eheschließung bestimmt sich ebenfalls nach I, dh nach dem Heimatrecht beider Ehegatten (Ddorf FGPrax 16, 287: Eheschließung unter falschem Namen). Divergieren diese in der Rechtsfolge, kommt für die Folgen des Fehlers bei der Eheschließung das ›ärgere‹ Recht zum Zuge (BGH FamRZ 91, 300; Frankf FamRZ 02, 705; KG FamRZ 22, 1017; Hausmann A Rz 601 – dagegen für engste Verbindung u lex fori Stutttg FamRZ 11, 217). Ist bspw einer der Ehegatten Deutscher, der andere Engländer, so wäre bei bigamischer Eheschließung nach deutschen Recht an sich lediglich Aufhebbarkeit und damit Wirksamkeit der Ehe gegeben (§§ 1306, 1313, 1314 I BGB). Nach dem engl Heimatrecht des anderen Partners ist die Doppelehe jedoch absolut nichtig (void), was als ärgeres Recht durchschlägt und die Ehe insgesamt unwirksam sein lässt.

 

Rn 10

Die Anwendung des ärgeren Rechts kann allerdings uU gg den deutschen ordre public (Art 6) verstoßen und damit der Wirksamkeit der Ehe doch nicht entgegenstehen. Auch hierfür gilt die spezialgesetzliche Regelung in II. Dies kommt insb dann in Betracht, wenn die in Deutschland erfolgte Scheidung einer früheren Ehe des ausl Partners in dessen Heimatland nicht anerkannt wird oder das dortige Recht die Unwirksamkeitsfolge wegen eines sonstigen mit der Eheschließungsfreiheit unvereinbaren Eheverbots statuiert (BGH FamRZ 97, 542).

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