Rn 6
Insb der verschuldensunabhängige (BAG NZA 16, 1131; 888 [BAG 17.12.2015 - 8 AZR 421/14]; 10, 1129 [BAG 18.03.2010 - 8 AZR 1044/08]; 09, 945 [BAG 22.01.2009 - 8 AZR 906/07]) Anspruch auf Entschädigung gem II trägt den Forderungen des EuGH (Rn 1) nach verschuldensunabhängiger Sanktion (EuGH NZA 97, 984 – Draempahl; 91, 172 – Dekker) Rechnung. II regelt allerdings keine Voraussetzungen, es gilt wohl I. Die Benachteiligung muss dem ArbG jedoch zurechenbar sein, dh auf einer Pflichtverletzung beruhen (Rn 3); volle Verantwortlichkeit bei Einschaltung eigener Mitarbeiter oder Dritter (BAG BB 14, 1534 [BAG 23.01.2014 - 8 AZR 118/13]; NZA 10, 1129 [BAG 18.03.2010 - 8 AZR 1044/08]). Auf objektive Eignung des Bewerbers kommt es nicht an (BAG NZA 19, 527; NZA-RR 18, 287; NZA 16, 1394 [BAG 19.05.2016 - 8 AZR 470/14]; 10, 872, Anm Lingemann ArbR 10, 203 [BAG 18.03.2010 - 8 AZR 77/09]). Aber ggf Anspruchsausschluss wegen Rechtsmissbrauchs, § 242 BGB (BAG v 19.1.23 – 8 AZR 437/21, NZA 23, 688; NZA 19, 527 [BAG 19.12.2018 - 7 AZR 70/17]; 17, 310 [BAG 11.08.2016 - 8 AZR 4/15]; 16, 112, 116 [BGH 24.06.2015 - IV ZR 411/13], ferner § 2 Rn 4, § 3 Rn 8).
Rn 7
Entschädigung wird ausschließlich für immaterielle Schäden gewährt, II ist lex specialis ggü § 253 BGB (BTDrs 16/1780, 38). Die Höhe muss gem EuGH (DB 97, 984 – Draempaehl) zwar abschreckend sein, um den ArbG künftig zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Pflichten nach dem AGG anzuhalten und Dritte von Verstößen abzuhalten, aber auch angemessen. Insoweit bewegen sich Entschädigungen auch zum früheren § 611a BGB bisher zwischen 0,5 und 9,5 Monatsgehältern (Übersicht bei NB/P § 15 Rz 25; vgl auch BAG NZA 14, 722, Anm Bauer ArbR 14, 46 [BAG 12.12.2013 - 8 AZR 838/12]). Bei Ermittlung der Angemessenheit hat das Gericht Beurteilungsspielraum (BTDrs 16/1780, 38); einzubeziehen sind alle Umstände des Einzelfalls. Dazu zählen (BAG NZA 04, 545 [BAG 18.11.2003 - 9 AZR 122/03]) Art und Schwere der Benachteiligung (BAG NZA 07, 507, 512), Anlass und Beweggrund des Handelns, Erfordernis abschreckender Wirkung der Sanktion, Grad der Pflichtverletzung des Haftenden (BAG NZA 07, 507, 512), Versuche zur oder ggf erfolgreiche(n) Wiedergutmachung (lässt Entschädigungsanspruch jedoch nicht entfallen, BAG NZA 10, 1129 [BAG 18.03.2010 - 8 AZR 1044/08]), Sanktionierung benachteiligender ArbN oder Dritter, Leistungsfähigkeit des ArbG (BAG NZA 12, 1345 [BAG 21.06.2012 - 8 AZR 364/11]; Jacobs RdA 09, 203). IdR dürfte eine Entschädigung bei 1–1,5 Monatsgehältern liegen (BKG, § 15 Rz 36).
Rn 8
Schadensersatz (I) und Entschädigung (II) können nebeneinander verlangt werden. Ausgleich materiellen Schadens (I) führt nicht zur Kürzung des Entschädigungsanspruchs (II) (BGH NZA 12, 797 [BGH 23.04.2012 - II ZR 163/10]; probl., aA BKG § 15 Rz 36). Der Anspruch ist pfändbar (BGH NJW-RR 20, 995 [BGH 18.06.2020 - IX ZB 11/19]).
Rn 9
Eine Obergrenze für die Entschädigung enthält II 1 nicht. Nur II 2 beschränkt sie auf maximal drei Monatsgehälter bei Benachteiligung des nicht bestqualifizierten Bewerbers (›Kappungsgrenze‹, BAG AP AGG § 8 Nr 3 m Anm Krieger). Abzustellen ist auf die Vergütung, die der ArbN bezogen hätte, wenn er eingestellt worden wäre (BAG BAG AP AGG § 8 Nr 3 m Anm Krieger). Die Benachteiligung liegt darin, dass der Bewerber wegen Merkmals nach § 1 nicht in die Auswahl einbezogen wurde, nicht erst in unterlassener Einstellung (§ 3 Rn 8). Der ArbG muss unmittelbar nach Geltendmachung fehlende Bestqualifikation einwenden (LAG BB, DB 08, 2707). Die Beweislast für die Ursächlichkeit zwischen Benachteiligung und Schaden wird durch § 22 nicht geändert (BAG NZA 17, 854 [BAG 26.01.2017 - 8 AZR 736/15]; BB 17, 506 [BAG 11.08.2016 - 8 AZR 406/14]).
Rn 10
Die Benachteiligung muss erheblich sein (BAG NZA 90, 24 [BAG 14.03.1989 - 8 AZR 351/86]), Bagatellvorfälle reichen nicht aus.