Rn 32
Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt oder Nichteintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt und das verwirklicht werden soll, wenn der Bedrohte nicht die von dem Drohenden gewünschte Willenserklärung abgibt (BGHZ 2, 295; BGH NJW 88, 2600 f; 10, 1364 Tz 35; NJW-RR 96, 1281; NJOZ 17, 1701 Tz 13; BAG NZA 02, 732 [BAG 06.12.2001 - 2 AZR 396/00]). Es genügt nicht, wenn das Übel allein in der Sphäre eines Dritten liegt (BGH NJOZ 17, 1701 Tz 14). Durch die Drohung muss der Erklärende in die von § 124 II 1 Alt 2 vorausgesetzte Zwangslage gebracht worden sein (AnwK/Feuerborn § 123 Rz 80), die ihm subjektiv das Gefühl vermittelt, sich nur noch zwischen dem Übel und der verlangten Willenserklärung entscheiden zu können (vgl BAG NZA 10, 1250 [BAG 12.05.2010 - 2 AZR 544/08] Rz 26). Die Drohung muss nicht ausdrücklich ausgesprochen werden. Sie kann auch versteckt durch einen Hinweis auf nachteilige Folgen oder konkludent erfolgen (BGH NJW 88, 2601; NJW-RR 96, 1281). Sie muss vorsätzlich erfolgen, also der Drohende muss bewusst den Zweck verfolgen, den Bedrohten zur Abgabe einer bestimmten Willenserklärung zu veranlassen (BGH NJW-RR 96, 1281 [BGH 22.11.1995 - XII ZR 227/94]). Das Ausnutzen einer Zwangslage berechtigt nicht zu einer Anfechtung analog § 123 (BGH NJW 88, 2601 [BGH 07.06.1988 - IX ZR 245/86]). Die Drohung kann von einem Dritten ausgehen (BGH NJW 66, 2401 [BGH 23.09.1966 - VI ZR 9/65]), denn die Beschränkung des Anfechtungsrechts aus § 123 II gilt hier nicht (Staud/Singer/v Finckenstein § 123 Rz 71). Der drohende Vorgesetzte muss nicht kündigungsberechtigt sein (BAG NZA 06, 841 [BAG 15.12.2005 - 6 AZR 197/05] Tz 16).
1. Übel.
Rn 33
Als Übel genügt jeder Nachteil, unabhängig davon, ob er materieller oder ideeller Natur ist oder sich auf den Erklärenden bzw eine andere Person bezieht (BGHZ 25, 218 f; BGH NJW 88, 2601). Ebenso wird die angedrohte Ausübung vertraglicher Gestaltungsrechte erfasst, so die Kündigung eines Darlehens (BGH NJW 97, 1981 [BGH 16.01.1997 - IX ZR 250/95]) oder Arbeitsvertrags (BAG NZA 02, 732 f [BAG 06.12.2001 - 2 AZR 396/00]; BAG NZA 06, 841 [BAG 15.12.2005 - 6 AZR 197/05] Tz 15; LAG Mecklenburg-Vorpommern NZA-RR 18, 240). Auf das Gewicht des Übels kommt es nicht an, doch sind bei der Drohung mit Lappalien erhöhte Anforderungen an den Kausalitätsnachweis zu stellen (MüKo/Armbrüster § 123 Rz 114).
2. Abhängigkeit vom Willen des Drohenden.
Rn 34
Beim Bedrohten muss der Eindruck hervorgerufen werden, der Eintritt des Übels sei vom Willen des Drohenden abhängig. Ausreichend ist eine nicht ernstlich gemeinte Drohung, die der Erklärende für ernst hält und halten soll (BGH NJW 82, 2301). Das Ausnutzen eines bestehenden Übels (BGHZ 2, 295, Suizidgefahr eines Dritten) oder einer objektiven Zwangslage (BGHZ 6, 351) genügt nicht. Beim Hinweis auf ein bestehendes Übel oder ein Risiko liegt eine unerhebliche Warnung vor (Staud/Singer/v Finckenstein § 123 Rz 70).