Rn 5
Seit dem 1.7.98 bigamisch geschlossene Ehen sind nach § 1314 I aufhebbar, jedoch wirksam bis zur Rechtskraft der Aufhebungsentscheidung (§ 1313; Hamm FamRB 23, 6; BVerfG FamRZ 18, 1624 Rz 63). Für die Vergangenheit bleibt die Ehe gültig (BGH FamRZ 01, 685). Nach dem Tod eines Ehegatten ist eine Aufhebung nicht mehr möglich (§ 131 FamFG; zum Nachweis der Auflösung der Erstehe im Erbscheinsverfahren Dresd ZEV 23, 713). Das Verbot der Doppelehe setzt voraus, dass bei Eheschließung bereits rechtswirksam eine Ehe oder Lebenspartnerschaft bestand und diese nicht rechtskräftig geschieden, aufgehoben oder aufgelöst war (KG FamRZ 16, 1585). Für das Ehehindernis genügen begründete Zweifel auch hinsichtlich einer nach nigerianischem Stammesrecht bestehenden Ehe (Hamm FamRZ 22, 1459). Eine spätere Auflösung der vorangegangenen Ehe berührt die Aufhebung der zweiten Ehe – mit Ausn des § 1315 II Nr 2 – nicht mehr, auch eine Heilung durch Fortsetzung der zweiten Ehe ist ausgeschlossen (BGH FamRZ 64, 418). Ob eine im Ausland erfolgte gerichtliche Ehescheidung oder Privatscheidung oder Eheaufhebung wirksam ist, beurteilt sich nach der Brüssel IIa-VO bzw nach Art 17 Abs 2 EGBGB. Bis eine ausländische Entscheidung zur Nichtigkeit einer zuvor geschlossenen Ehe nach § 107 FamFG anerkannt ist, besteht ein Ehehindernis (AG München StAZ 23, 85).
Rn 6
Die Doppelehe ist eine wirksame Ehe, die auf Antrag (§ 1314 I Nr 2) mit Wirkung für die Zukunft aufhebbar ist. Zur Aufhebung der bigamischen Ehe antragsberechtigt sind nach § 1316 I Nr 1 jeder Ehegatte, die zuständige Verwaltungsbehörde und ›die dritte Person‹, also der Partner der vorangehenden Ehe, soweit sich der Antrag nicht als unzulässige Rechtsausübung darstellt (BGH FamRZ 02, 604). Das BVerfG (Beschl 25.9.12 Az 1 BvL 6/11 juris) hat eine Richtervorlage zur Frage der Vereinbarkeit der Vorschrift mit Art 6 GG als unzulässig zurückgewiesen. Zu den Folgen einer rechtskräftigen Aufhebung vgl § 1318.
Rn 7
Nach erfolgter Eheaufhebung ist der Versorgungsausgleich zugunsten des unwissenden Ehegatten durchzuführen, soweit ein Ausgleich der Anrechte nicht nach § 1318 III grob unbillig ist (Hamm NJW-RR 22, 1659 [OLG Hamm 09.06.2022 - 4 UF 158/20]).
Rn 8
Die gegen das Verbot der Doppelehe verstoßende Eheschließung kann nach § 1315 II Nr 1 geheilt und damit für den Fall deren Aufhebbarkeit ausgeschlossen sein, dass bei Eingehung der zweiten Ehe eine Scheidungs- oder Aufhebungsentscheidung bgzl der früheren Ehe bereits ausgesprochen, jedoch noch nicht rechtskräftig war. Mit dessen Rechtskraft ist die Aufhebung der späteren Ehe ausgeschlossen. Ein weiterer, allerdings eingeschränkter Ausschluss der Aufhebbarkeit folgt aus §§ 1319, 1320. Nach § 1319 I können weder die Partner der bigamischen Ehe noch der frühere Ehegatte noch die zuständige Verwaltungsbehörde die Aufhebung beantragen, wenn die neue Eheschließung nach unrichtiger Todeserklärung bzgl eines der früheren Ehegatten erfolgt ist und zumindest einer der nunmehr Eheschließenden nicht wusste, dass der für tot Erklärte noch lebt. Die neue Ehe erlangt Bestandsschutz dadurch, dass die frühere Ehe gem § 1319 II aufgelöst wird (BGH FamRZ 94, 498). Allerdings kann der Ehepartner, welcher mit dem zu Unrecht für tot Erklärten verheiratet war, gem § 1320 I fristgebunden die Aufhebung betreiben, jedoch nur, wenn er bei Eingehung der Zweitehe nicht wusste, dass der für tot Erklärte noch lebt.